Samstag, 25. September 2010

Alan Posener wird in seinen Träumen vom Papst gequält

Dass die Una Sancta Catholica gänzlich unverdächtig ist, Rassen- oder gar Selektionspolitik zu unterstützen, wird, glaube ich, nirgends bestritten. In ihrem Schoß willkommen heißt Mutter Kirche alle, die mühselig und beladen sind, alle, die arm im Geiste sind, sie würde auch keinen neunmalklugen Alpha- oder Beta-Journalisten zurückweisen,  weder Heiden noch Juden, weder Ungeborene noch Komapatienten. Sie ist die Matrix jeder Universalität ohne falsche Toleranz - sie ist die alleinseligmachende.

Ab jetzt gilt das nicht mehr ohne Wenn und Aber. Alan Posener hat eine starke Meinung und er hat sie hier geäußert:

"Nun aber zum eigentlichen Thema dieses, ich gebe es zu, bisher etwas mäandernden Essays: zu Sarrazins Stichwortgeber. Ich zitiere aus einer Rede, die Joseph Ratzinger, Chef der Glaubenskongregation im Vatikan, am 13. Mai 2004 vor dem Senat der Republik Italien hielt. Es ging um „Europas Identität“. „Europa scheint (…) von innen her leer geworden“, sagte Ratzinger. „diesem inneren Absterben entspricht es, dass auch ethnisch Europa auf dem Weg der Verabschiedung begriffen erscheint. (…) Der Vergleich mit dem untergehenden Römischen Reich drängt sich auf, das als großer geschichtlicher Rahmen noch funktionierte, aber schon von denen lebte, die es auflösen sollte, weil es selbst keine Lebenskraft hatte.“

Europa „stirbt innerlich ab“ „verabschiedet sich ethnisch“, wird „aufgelöst“ von den Zuwanderern, die es geholt hat, um von ihrer Arbeit zu leben. Schafft sich, um mit Sarrazin zu reden, ab. Ich habe diese Aussage in meinem Buch über Benedikt als „apokalyptische Hysterie“ bezeichnet, und diese Bezeichnung passt auch auf Sarrazins Thesen. Wie man aber behaupten kann, erst er habe in dieser Drastik das Problem der muslimischen Einwanderer auf den Begriff gebracht, ist mir ein Rätsel. Kann es sein, dass die meisten Leute, die über Ratzinger schreiben, seine Bücher auch nicht gelesen haben?"

HerrgottsDonnerwetter! der deutsche Papst, damals - 2004 - noch Vorsteher der Glaubenskongregation, hat, horribile dictu, von "Ethnien" und deren long goodbye gesprochen. Hat Sarrazin seine Stichworte gegeben, das Hintergrundrauschen für Sarrazins Ethno-Politik, der apokalytischen Sound "Schafft sich ab" ist fast Wort für Wort von Ratzinger.  Eigentlich hätten wir das - nostra culpa - wissen müssen, hätten wir nur Ratzinger aufmerksam gelesen. Das Drehbuch für Sarrazin und die Seinen ist von Ratzinger. Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn Posener fortfährt:


"Wenn man freilich weiß, dass dies seit Jahren die offizielle Linie des Vatikans ist, wird manche Schlagzeile, manche Parteinahme und auch mancher Meinungsschwenk der letzten Wochen erklärlich."

Halt! jetzt werden sich aber Thilo Sarrazin, Henryk M. Broder, Herr Giordano, Klaus von Dohnanyi, die Damen und Herren von Politically Incorrect, Muslimakte, Schwyz Obacht!, Flandern in Not, Pro Köln, Pax Europa e tutti quanti, vor allem aber Matthias Matussek (Katholiken nach Sachsen-Anhalt! ich habe hier berichtet) ertappt fühlen als Erfüllungsbüttel der offiziellen Linie des Vatikans. Haben es die Muselmanen nicht bereits geahnt, dass hier direkt vom Vatikan aus ein Kreuzzug gegen sie gesteuert wird?  - Alan Posener weiss aber noch viel mehr: Im Vatikan hockt ein malevolenter Lustgreis, der in seinem Kreuzzug gegen die Moderne mit diebischem Vergnügen geniesst, wenn Leitfiguren dieser Moderne wie Angela Merkel, die Vollendung der Christdemokratie mit allen Mitteln und Protagonistin der "Zivilreligion der Demokratie", für die "Auschwitz" Dreh- und Angelpunkt geworden ist (siehe),  in the line of fire kommen:


"Benedikt hat übrigens nicht vergessen, dass es die unbotmäßige Kanzlerin war, die ihn in Sachen Bischof Williamson zurechtgewiesen hat. Schon gar nicht hat er ihr das verziehen. Dass sie nun wegen Kritik an Positionen, die den seinen entsprechen, ihrerseits in die Schusslinie der Leitmedien der Republik gerät, wird im Vatikan gewiss genüsslich goutiert."

Posener ist seit seiner epochalen Untersuchung "Benedikts Kreuzzug. Der Angriff des Vatikans auf die moderne Gesellschaft" mit dem Papst bestens vertraut, steht mit ihm in regem Gedankenaustausch, er weiss sogar, was Benedikt "klammheimlich" denkt (er ist u.a. auch Stichwortgeber für die deutsche Anti-Israel-Lobby).

Daß die Una Sancta Catholica nicht die Bannerträgerin von Poseners "Moderne", der "liebens- und lebenswertesten Gesellschaft, die der Planet bislang gekannt hat", ist, sondern eine Einrichtung mit tiefen Wurzeln und Langsamkeiten, mit einem Wertekanon und Grundsätzen, die 2000 Jahre bis auf Paulus und die Kirchenväter zurückgehen, mit Einstellungen zu Familie, Sexualität und Reproduktion, die eher das Verpflichtende in der Kette der Generationen als die Verpflichtung der Individuen zum Lustgewinn und Selbstverwirklichung in unserer Gesellschaft betont, mit einem Freiheitsbegriff, der das Menschenrecht auf Beleidigung und "Verspottung des Heiligen" nicht einschließt, ist, dürfte doch hinlänglich bekannt sein. Insbesondere wird sich die Catholica, deren Fundament der Stein Petrus ("auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen", Matthäus 16,18) ist, sich nicht unter eine "Zivilreligion", deren Punkt Omega "Auschwitz" ist, beugen und ihr Angebot relativieren. Die Grundlage des Fundaments der Basis des Katholizismus (und der anderen christlichen Religionsgemeinschaften) war, ist, wird sein der Kreuzestod und die Wiederauferstehung des Heilands für die Juden und die ganze Welt, nichts anderes. Zu erwarten, dass sich Vatikan und Catholica der frohen Botschaft der Moderne anschließt, ist töricht. Daraus einen Kreuzzug, einen Angriff auf die Moderne, eine Abkehr von der Moderne, ein Rollback der Aufklärung etc. abzuleiten, bleibt Alan Poseners Alpträumen, in denen ihm vom Papst die beste seiner Welten madig und fragwürdig gemacht wird, überlassen. Die Catholica wird in der modernen Welt eine Antithese und ein Stein des Anstosses bleiben, auch wenn sich der Pontifex redlich (diesen Vorschußkredit gebe ich ihm) um Brückenschläge zur Moderne müht. Damit muss sich Posener, müssen wir uns abfinden. Der Papst wird weder Posener noch mich affirmieren. Ob Papstkritiker generell Langweiler sind, wie Hansjörg Müller auf der Achse des Guten hier behauptet, kann ich nicht beurteilen, uneingeschränkt zustimmen muss ich ihm darin:

"Trotzdem bleibt unverständlich, warum sich die Protestierenden über die Ansichten des Papstes derartig echauffieren, schließlich leben wir doch alle in einer freien, offenen und pluralistischen Gesellschaft. Niemand wird gezwungen, katholisch zu werden oder zu bleiben - wer mit dem Papst übereinstimmt, der soll ihm folgen, und wer nicht, der kann es bleiben lassen, ohne dass er irgendwelche Sanktionen befürchten muss. Wer mit der Römischen Kirche nicht einverstanden ist und trotzdem Christ bleiben möchte, der hat seit der Reformation, also seit mittlerweile über 500 Jahren, eine Vielzahl von Alternativen. Und wer stattdessen Atheist, Buddhist oder was auch immer sein möchte, der soll es werden - in der freien Welt darf jeder nach seiner Fasson selig werden. "

Ebenso von gestern wie der Vatikan sind wohl Vorstellungen von einer Zucht des Denkens; gerade Alpha-Journalisten wie Broder und Matthias Matussek sind Alpha-Journalisten, weil und wenn sie oben auf der Erregungswelle surfen. Reliabilität, d.i. Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit einer Zeitzeugenaussage, und Validität, d.i. Gültigkeit,  bleiben dabei auf der Strecke. Broder hat das Stöckchen besondern tief gelegt, für ihn muss seine "begündete Spekulation" nicht solider sein als das Verleihen von Geld an Griechenland. Matussek weiss wenigstens noch, dass er nach einer Woche im "Licht der Abendsonne", also unter dem Einfluss stimmungsaufhelllender und beruhigender Pharmazeutika, das Gegenteil bezeugt und versucht die Spur zu tilgen. 

Bringt Alan Posener, Dauererregungslevel "Bullshit", die Bedachtsamkeit mit, den Papst sub specie aeternitatis beurteilen zu können? Wie valide und objektiv sind seine Aussagen?  Die Sünden Broders und Matusseks sind die lässlichen Sünden von Hallodris und Spitzbuben.

Poseners "Sünde" ist eine Sünde vor dem Herrn, Inkohärenz, er denkt seine Maßstäbe nicht durch.

Pabst Benedikt hält er vor dass er von "Ethnien" spricht, "his masters voice", dem Philosophen Robert Spaemann, wiederum:

"Aber Spaemann verlangt viel mehr, und gilt es, aufzuhorchen: „Ferner: Israel verzichtet auf die ethnische Selbstdefinition, die jeden Nichtjuden in diesem Staat zum Fremden macht.“ Anders gesagt. Der Judenstaat verschwindet. Besser könnte es die Hamas auch nicht formulieren.
Es ist schon bemerkenswert, was herauskommt, wenn „es“ aus führenden Katholiken wieder einmal spricht. Von Papst Benedikt wäre – gemäß dem „Grundgesetz von Schutz und Gehorsam“ eine klare Zurückweisung solcher Gedankenspiele zu verlangen."

Wollen wir variieren? "Deutschland verzichtet auf die ethnische Selbstdefinition, die jeden Nichtdeutschen in diesem Staat zum Fremden macht". Anders gesagt: Deutschland verschwindet. Besser könnte es auch Sarrazin nicht ausdrücken.

Einerseits: Posener wirft dem Papst vor, er sei sich "mit heutigen Vertretern eines intoleranten Islam einig in der Abwehr des Rechts auf Religionskritik... die "Verspottung des Heiligen" sei kein "Freiheitsrecht" und "nicht die Art von Toleranz, die wir alle wünschen"... (Quelle)

Andererseits gibt es jetzt eine "nennen  wir sie ruhig so - Zivilreligion" (Quelle), für die Auschwitz von zentraler Bedeutung sein soll - und für diese gibt es einen kanonischen Text, von dem man kein Jota abweichen darf. Posener bekommt sich nicht mehr ein, dass Benedikt einen anderen als den kanonischen Text gesprochen hat. Wenn man in unserer Zeit schon eine Religion begründen und gründen will, gar noch auf Auschwitz,  gilt dann auch hier, dass  Abweichungen, Häresien, Religionskritik, Spott etc. toleriert werden müssen, oder ist dies eine notwendige Ausnahme? Mir scheint, Posener verhält sich in den heiligen Hallen dieser Zivilreligion päpstlicher als der Papst, würde er das "Freiheitsrecht" der "Verspottung des Heiligen" "tolerieren" und dafür eintreten? Mir scheint, dass in dieser neuen Zivilreligion mindestens ebensoviel Orthodoxie west wie in den traditionellen, mit Argusaugen auf Übertretungen geschaut wird. Außerdem scheint mir, dass wir für diese "Zivilreligion" zwangsrekrutiert werden, dafür haftbar gemacht, ob wir auch das Einzigrichtige sagen, und nicht austreten können. Posener würde als Hüter der reinen Lehre gewiß nicht zögern, ein "Grundgesetz von Schutz und Gehorsam" einzuführen und abwegige Gedankenspiele "klar" in die Schranken weisen. - Wären wir ohne diese auf Auschwitz begründete Zivilreligion heutzutage ohne moralischen Kompass? -  aber halt, ich will den Fisch nicht im Wasser ersäufen. Für Leuchttürme unserer Epoche wie Broder, Posener et al. muss es noch zu tun geben.

Posener hört nicht auf vom Papst zu träumen, Träume sind Wunscherfüllungen, er kann dort den Papst mit dem Papst austreiben, den Papst, "der dem fundamentalistischen Islam den Rücken stärkt" (Quelle), durch den Papst, der für Sarrazin "Stichwortgeber" (Quelle) ist. Alles Papst oder wa? Nein, Posener glaubt nicht, dass er Verschwörungstheoretiker ist. Seit seiner Schulung in K-Gruppen ist er vor solchen Anfechtungen gefeit. Weltgeschichte ist eine Geschichte der Intrigen. Alle Gewalt geht vom Vatikan aus.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mir scheint auch, dass Posener in seiner Abrechnung mit Ratzinger einmal mehr der Fehler unterläuft, die Ebenen durcheinanderzubringen, wenn er für sich in Anspruch nimmt, im Namen der Aufklärung und einer entsprechenden Religionskritik zu argumentieren, letzten Endes aber dann doch abgleitet ins Bekenntnishafte. Es geht ihm nicht so sehr um die "Zivilreligion Shoa", sondern um den Staat Israel. Das Problem ist: Wenn sich Israel auf der Basis dessen, was offizielle Stellen für jüdisch halten, definieren kann, was bedeutet das, für die "Anderen" im Lande, gut ein Fünftel innerhalb der grünen Linie. Aber dieses in der Tat verhandlungsbedürftige Thema wird von Posener mit dem Verdikt vom Tisch gewischt, dass wer auch nur darüber sprechen will, sich in böse Gesellschaft (Hamas) begibt.

Anonym hat gesagt…

Ist das alles, was Posener auffahren kann, seine "Zivilreligion"? Arme S..

Oscar Mercator hat gesagt…

Nein, nein, Alan Posener ist ein vielfach talentierter bestager. Er weiss viel mehr als ich von Lennon, Elvis, Shakespeare, Roosevelt, den Kennedys, und sogar mehr, ich gestehe es neidlos, ich habe das Büchlein mit Genuss gelesen, über Maria, die Mutter Jesu. Im Gegensatz zu mir, einen sehr langsamen Denker, ist er ein homme de lettre. Schräg wird der ansonsten eher empfindsame Posener, dann, wenn er ein unerschrockener Kerl sein will, eine starke Meinung haben will, dann wird er leider eindimensional. Und was das Vergnügen schmälert, er ist skrupulöser, bei weitem nicht die Rampen-Sau, die Broder ist. Posener beharrt noch auf Argumenten, auch wenn er keine hat. Eigentlich zu gebildet für einen einfachen Meinungssoldaten.

Nasrin A. hat gesagt…

Sie sind ein gnadenloser, nihilistischer Spötter. Sie sind offenbar damit einverstanden, dass die traditionellen Religionen irrelevant werden. Brauchen wir an ihrer Stelle nicht eine andere Orientierung, die die von Ihnen verpottete "Zivilreligion" leisten könnte? Brauchen wir dafür, weil wir das kaum übersehen können, nicht einen Kanon?

Oscar Mercator hat gesagt…

Ich spotte nicht gegen die "Zivilreligion", ich stelle sie in Frage. Wenn irgendjemand seinen "Feind" mundtot machen will, holt er die "Auschwitzkeule", seis Broder, seis Gabriel. Können wir von "Auschwitz" mehr "lernen" als aus der ganz einfachen, uralten Devise "Was Du nicht willst, was man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu?" Dass der Mensch des Menschen Wolf ist, wußten wir schon immer. Broder oder Posener bitte ich also dazulegen, was man darüber hinaus von "Auschwitz" lernen kann. Ich plädiere schlicht für eine spirituelle Demut. Sie fragen nach Orientierung, einem Kanon, also bitte: eher Raul Hilberg als Jonathan Littel, eher Primo Levi und Robert Antelme als Elie Wiesel, eher Norman Finkelstein als Jonah Goldhagen, eher Peter Novick als Norman Finkelstein. Sie sehen, ich plädiere für Nüchternheit, das ist bedeutend schwerer als ein "tiefes Verständnis". Und Religion brauchen wir hier so sehr wie der Teufel das Weihwasser.

Kai-ser hat gesagt…

Vielleicht ist Posener eifersüchtig und sauer, weil Benedikt mit Kai geschmust hat?

agony hat gesagt…

Können Broder, Heni, Posener usw. wirklich Hebel Deiner "Zivilisationskritik" am agonischen Europa sein? Sind diese Hebel nicht zu klein?

Dr. Watson hat gesagt…

Ist Kai nicht auch dicke mit Broder? Dann gäbe es doch eine Achse Benedikt, Vatikan, Kai, BILD, Henryk, Achse des "Guten"? Hat Posener doch recht? Broder schiesst ja z.Z., was BILD noch nicht wagt, gegen die Intimfeindin Benedikts, Angela. Ist er Minenhund?