Dienstag, 6. Dezember 2011

Ein Friedensangebot an Alan Posener

Richtige Freunde sind Alan Posener und ich nicht geworden, seitdem ich ihn im Frühsommer 2008 davor gewarnt hatte, mit falschen Prämissen und Vorstellungen in die Achse des Guten einzutreten; Alan Posener war nicht zu belehren, seine eingebildete "polit-psychologische Matrix" hatte Vorrang vor einer Realität, die er nicht wahrnehmen wollte (siehe).  Von mir (und den Indizien seines vorhersehbaren Scheiterns auf der Achse) unbeirrt ist Alan Posener der Achse des Guten beigetreten und hat dort in die Posaune geblasen "Wir sind die Achse der Guten, nicht der Eiferer". Im Frühsommer 2009 ist Posener von den Betreibern der Achse des Guten gegangen worden; nach Begründung von Miersch, Maxeiner und Broder hat sich Posener wie ein hinterhältiges Kameradenschwein verhalten, nach Interpretation Poseners war der Herauswurf der Kabale einer intoleranten stalinistischen Clique zu verdanken (für die Position Poseners spricht, dass er auf der Achse des Guten ein durchaus lockere systemkritische Lippe riskierte, z.B. hier: Stotternde Stalinisten). Den Schock des unerwarteten Hinauswurfs hat Alan Posener auf verschiedenen Plattformen zu verarbeiten versucht (Die Achse der Intoleranz, Alan Posener zum Streit mit der Achse des Guten, Einige sind guter als andere, Leute mit einer stalinistischen Ader).

Der Wert der Werte, das summum bonum ist für Alan Posener "Toleranz". Den "Stalinisten" aus der Achse des Guten hat er entgegengehalten

"Toleranz verlangt nicht danach, Unstimmigkeiten und Widersprüche zu verschleiern. Im Gegenteil, sie fordert, die Unmöglichkeit eines umfassenden einheitlichen Denkens anzuerkennen und darum fremde und gegensätzliche Ansichten ohne Haß und Feindschaft zur Kenntnis zu nehmen. (Lew Kopelew)"

Alan Posener ist kein Realist, kein Psychologe, er realisiert nicht, dass der Freudsche Satz, dass der Mensch nicht Herr im eigenen Hause ist, auch für ihn gilt, er ist kein Evolutionsbiologe, der von der Mangelhaftigkeit der Anpassungsmechanismen weiß, nein, Alan Posener ist ein Idealist, der an die Maximen der Besten aller Welten glauben will - und sich (und anderen) glauben machen will, dass diese Maximen in seiner schönen Seele ihr Zuhause gefunden haben.  Aus der Psychologie wissen wir, dass ein Trauma per se kein Lehrmeister ist, dass die Traumatisierten durch das Trauma keine besseren Menschen werden, dass sie unter Stress das Trauma reproduzieren, sei es als Opfer, sei es als Täter, dann es ist gut begründet.

Wie ich bereits in der letzten Post "Alan Posener: Er oder ich" berichtet habe, hat mich Posener aus der Diskussion auf dem Blog "Starke Meinungen" herausgeworfen. Ein Hinauswurf made by Posener verdankt sich selbstverständlich nicht schäbigen persönlichen Kabalen und/oder einem Akt stalinistischer Intoleranz, die der Arme und Unschuldige durch die Achse des Guten erfahren mußte, nein, nein, das macht der gute Mann nicht, bei ihm ist es das rechtschaffenste Motiv, das sich in unserer Epoche denken lässt, nämlich einen "Antisemiten" aus dem Diskurs auszuschließen und ihm eine Toleranz á la Lew Kopelew zu versagen:

"Er benutzt dieses Blog, um seine antisemitischen Obsessionen zu pflegen und zu verbreiten. ... Wenn die Nutzer hier nicht für einen klaren Trennstrich zu Antisemiten sorgen können oder wollen, werde ich einen Trennstrich zu diesem Blog ziehen müssen." (mehr hier)

Ich bezweifle, dass dies der eigentliche Grund des Hinauswurfs ist.  Die Maßnahme war jedoch unmittelbar wirksam. Das Ultimatum Alan Posener an die "Nutzer" hat im Vergleich zu den Stürmen im Wasserglas, die die Haupt- und Nebenwidersprüche  auf "Starke Meinungen" sonst stimulieren, noch nicht einmal eine Diskussion hervorgerufen; mehr als einen Widerspruch simulierendes Schnurren und Fauchen von Wesen der Gattung Haustiger war nicht zu vernehmen (KJN, KJN, Roland Ziegler; zum Vergleich Roland Zieglers  Kommentar zu Poseners Rauswurf aus der Aches des Guten); sekundiert wurde Posener durch  EJ, einen sehr gewissenhaften Herrn, der z.Z. der römischen Inquisition keine Schwierigkeiten gehabt hätte, bei der Erstellung des Index Librorum Prohibitorum federführend dabei zu sein. Nun, gruppenpsychologisch ist das nicht weiter verwunderlich, in wenigen sozialen Einheiten, schon gar nicht auf Blogs, wird das Führerprinzip, wenn es denn vom Führer eingefordert wird, in Frage gestellt. Wir werden uns auch nicht wundern, wenn die "Nutzer" von "Starke Meinungen" weiter beherzt für die Werte des freien Westens kämpfen und Alan Posener bei gegebenen Anlässen Lew Kopelew zitiert. Lieber KJN, liebe Frau G., was halten Sie davon, ist dies jetzt "Ich-Schwäche" oder "Ich-Stärke"?

Ich postuliere, dass der Antisemitismusvorwurf nur ein vorgeschobener Grund, eine Rationalisierung für den Hinauswurf war, der Stress, das Unbehagen Poseners an "Kaufmann" auf einer anderen Ebene liegt. Die Lesers dieses Blogs wissen, dass das Unbehagen meiner einzigwahren Freunde Israels an diesem Blog darin liegt, dass ich sie beim Wort nehme, genau zitiere; mit dem einfachen Stilmittel einer leichten Zuspitzung stehen sie dann  als drollige und tragikomische Figuren, als Hanswurste, Dollbadsche (Geistesklause), Pinocchios und fadenscheinige dottores aus der comedia dell arte unserer Zeit da. So was schmeckt dem selbsternannten größten Polemiker deutscher Zunge gar nicht, aber hat es noch nicht gewagt, mich deshalb einen Antisemiten zu nennen, weil ich ihn nicht als "Light Unto The People", sondern als eher trübe Laterne charakterisiert habe. Deshalb sind sie, ich bedauere das sehr, nie auf meine Aufforderungen eingegangen, hier auf diesem Block zurückzuschlagen, meine Ausführungen zu falsifizieren oder wenigstens in Frage zu stellen. So gibt es auch für Alan Posener einen menschlich nachvollziehbaren Grund, mich aus "Starke Meinungen" hinauszuwerfen und ignorieren zu wollen. Im Verlaufe der Diskussionen habe ich dort aus mehr oder weniger beiläufigen Bemerkungen, die aber von Posener immer im Brustton der Überzeugung, mit feurigem Elan vorgetragen wurden, das Profil des fragwürdigen Intellektuellen Posener zeichnen können. Und dies hat Alan Posener gestunken - das kann er jedoch nicht zugeben. Was Posener jedoch zugutegehalten werden muss, ist, dass er im Gegensatz zu den eindimensionalen Gestalten um Broder, die in ihrem prästabilierten Universum eh alles schon genau zu wissen glauben, ein geradezu vielschichtiger Charakter ist, fast schon eine Hamlet-Figur, die simulieren kann, Bedenken zu haben und zweifeln zu können.

Das Weltbild Alan Poseners ist von der wilden Einfalt und lauten Größe eines Alt-Rockers. In seinem berühmten Welt-Essay "Befreite Sinneslust" stellt er dar, wogegen er ist und wofür. Er ist gegen das überkommene Alte, gegen die Herrschaft der toten Geschlechter über die lebenden, er ist für die Zersetzung der Familie, der Schule, von Moral und Fleiß, für die Amerikanisierung und Plebejisierung der Kultur, er ist gegen die Tugend der aufgeschobenen Bedürfnisbefriedigung, für die Infantilisierung des Konsumenten, kurzum für befreite Sinneslust. Diese Kulturrevolution haben wir mehr noch als den 68ern dem Rock´n´Roll zu verdanken: "Der Rock ‘n’ Roll ist das Gelobte Land, wo Milch und Honig fließen, ein Garten Eden, in dem wir kurz vergessen, dass wir dem Tod verfallen sind. Was wären wir ohne ihn? Trauriger. ... Der Rock 'n' Roll ist, neben der Religion, die wichtigste transzendente Kraft des modernen Menschen.". In beiden Bewegungen war Alan Posener einer der Leadsänger; Alan Posener ist forever young geblieben, ein älterer Jugendlicher.

Die übrigen Bestandteile der Ideologie des Kulturrevolutionärs Alan Posener, der sich in seinen Metamorphosen: jüdischer Anglikaner, anglikanischer Atheist, Maoist, Rock´n´Roller, Chefkommentator der WELT, Chefliberaler, Neocon merkwürdig treu geblieben ist,  habe ich in gebotener Ausführlichkeit im zweiten Teil der wahrlich lesenswerten Post "Ist es angemessen, Alan Posener einen "Sinowjew im Schlafrock" zu nennen?" vorgestellt. Alan Posener ist dort ausreichend zitiert, die Fragmente in einem schlüssigen Kontext dargestellt. Klar ist, dass diese Montage nicht den Gefallen Alan Poseners finden kann. Alan Poseners ist eine der fragwürdigen und zweifelhaften intellektuellen Figuren, die es ohne Bruch geschafft haben, die revolutionären Vorstellungen ihrer Jugend neo-konservativ zu zu interpretieren. Aus meiner Kritik habe ich auf "Starke Meinungen" kein Hehl gemacht, unter Berücksichtigung der Devise "Suaviter in modo, fortiter in re".  Insofern sich Posener als Liberaler versteht, der vorgibt, sich der Kritik zu stellen, hat er einige Zeit keinen Ansatz gefunden, mich vom Platz zu stellen; jetzt meint er, einen stichhaltigen gefunden zu haben, nämlich dass ich antisemitische Vorstellungen in seinem Revier zu verbreiten suche. Sehen wir, was es damit auf sich hat.

Im Zuge einer Diskussion im Kommentarbereich über Idealisierung und Philosemitismus habe ich folgende Kommentare geschrieben:

"M.E. ist Philosemitsmus/Antisemitismus etwas ganz anderes als Frankophilie/Anglophilie/Abneigung gegen Franzosen oder Angelsachsen. Nirgendwo anders gibt es diesen nahezu mythischen Kampf zwischen Gut und Böse mit gegenseitigen Dämonisierungen. Ich gestehe, dass ich auf meinem Blog einseitig, nicht ausgewogen bin (hoffe jedoch, den Dämonisierungen entgegenzuwirken). Die “Philosemiten” der von mir beobachteten einzigwahren Freunde Israels, sowie Wilders, Strache oder die Herrschaften auf P.I. würden, falls die Zeit gekommen wäre, die Palis nach Vorstellungen der radikalen Siedler und der Adepten in die Wüste zu transferieren, nicht verlegen sein, die besten aller Apologien zu finden.
Ich habe eine Hypothese, warum dieser Kampf um einiges heftiger und glühender als alle anderen politischen Auseinandersetzungen ist. Sie können Sie – wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Sie Christ – erwägen, müssen nicht. M.E. liegt dem eine Gottesvergiftung, genauer eine Vergiftung der Geschichte durch Gott im Zuge der mosaischen Religion zugrunde. Hans Magnus Enzenberger schließt sein Essay über die Entstehung der Nationen im letzten SPIEGEL, S. 135 mit einem Zitat Johann Gottfried Herders ab.
“Nationalwahn”, schrieb er, “ist ein furchtbarer Name. Wer nicht mitwähnet, ist ein Idiot, ein Ketzer, ein Fremdling.” Und dies war seine Antwort auf die Frage, was eine Nation sei: “Ein großer, ungejäteter Garten voll Kraut und Unkraut. Wer wollte sich dieses Sammelplatzes von Torheiten und Fehlern sowie von Vortrefflichkeiten und Tugenden ohne Unterscheidung annehmen und gegen andere Nationen den Speer brechen? Offenbar ists die Anlage der Natur, dass wie Ein Mensch, so auch Ein Geschlecht, also auch ein Volk von und mit dem anderen lerne, bis alle endlich die schwere Lektion gefasst haben: “Kein Volk sein ein von Gott einzig auserwähltes Volk der Erde; die Wahrheit müsse von allen gesucht, der Garten des gemeinen Besten von allen gebauet werden” – Nur die wenigsten haben auf ihn gehört.”
Die Opfer dieser Gottesvergiftung sind alle Völker, an erster Stelle die Juden." (ganzer Kommentar) und
"Tja, lieber Hans, an diesem Knochen haben nicht nur die Christen und die Nationalsozialisten, sondern auch nahezu alle Aufklärer und nicht zuletzt Sie, Ihro Ooopsigkeit, herumgebissen. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie erst vor kurzer Zeit die neue Vatikan-Doktrin von den älteren Brüdern und dem Weiterbestehen des Alten Bundes sehr in Frage gestellt und auf das Gnadenangebot des Neuen (alle Menschen umfassenden) Bundes für die Juden hingewiesen.
Natürlich ist das jetzt eine heiße Kartoffel, die man am liebsten nicht anrührt. Ich glaube jedoch nicht wie Parisien, dass sie irrelevant, unbedeutend geworden ist. Sie ist nicht durch Lächerlichkeit gestorben, auch nicht bei den meisten Juden. Sie geistert als Nicht-Toter ebenso wie verschiedene Vorstellungen der Nationalsozialisten in der Welt umher. Es wäre interessant, eine Lehre des Zerfalls (mitsamt den Risiken und Nebenwirkungen des Zerfalls) von Ideen, Memen zu formulieren (das übersteigt meine schwachen Kräfte).
Kein geringerer als der illustre Henryk M. Broder hat nach einer Privataudienz im Vatikan kundgetan:
“Kürzlich habe ich mit dem Chef der Historischen Kommission im Vatikan gesprochen. Der strenge katholische Theologe und der säkulare Jude waren sich einig, dass die Juden tatsächlich das auserwählte Volk sind. Das beste Beispiel ist der Antisemitismus. ” (Quelle: Berner Zeitung, 8.2.2007)
Nun sollte man nicht glauben, dass diese Berufung Schuld der Antisemiten ist, ihnen zu verdanken ist. Keine geringeren als David Ben Gurion und Benjamin Netanyahu haben postuliert
“History … did grant us the uncommon intellectual and moral virtue, and thus it [the virtue] is both a privilege and an obligation to be a “Light Unto the Nations” (David Ben Gurion)
“… proud people with a magnificent country and one which always aspires to serve as “Light Unto the Nations”.” (Benjamin Netanyahu)" (Kommentar)

(vgl. auch Kommentar) An dieser Stelle sah sich Alan Posener "genötigt",  einzugreifen und den Antisemiten vom Feld zu verweisen:

"@ Alle und zu Herrn Kaufmann: Er benutzt dieses Blog, um seine antisemitischen Obsessionen zu pflegen und zu verbreiten.
Ganz kurz:
1. “Auserwähltes Volk” meint nicht: besser als andere. Es meint: Von Gott auserwählt. Und die Begründung, die Gott selbst dafür gibt (lesen Sie mal die Bibel, Sie werden die Stelle schon finden), lautet: Weil ihr ein Scheißhaufen seid. Wenn ich aus euch etwas machen kann, dann werden die Leute sehen, dass ich ein großer Gott bin. DAS ist die jüdische Auserwähltheit: allerhöchste Bescheidenheit.
2. Angeblich pro-israelische Islamfeinde. Dazu habe ich hier wiederholt geschrieben, z.B. “Geert Wilders ist ein Antisemit”. Auch über den verlogenen Philosemitismus eines Sarrazin habe ich geschrieben. Das weiß Kaufmann, aber er nimmt es einfach nicht zur Kenntnis. Weil er ein verbohrter Ideologe und Demagoge ist, ein Opfer katholischer Erziehung, der vom Judenhass verzehrt ist.
Mir macht es keinen Spaß, mit meinen Beiträgen auf “Starke Meinungen” lediglich eine Plattform für einen Antisemiten abzugeben, der mit seinem eigenen Blog gescheitert ist. Wer mit Herrn Kaufmann über jüdische Auserwähltheit und israelische Verbrechen diskutieren will, soll es dort, bei den “einzigwahren Freunden Israels” tun. Wenn die Nutzer hier nicht für einen klaren Trennstrich zu Antisemiten sorgen können oder wollen, werde ich einen Trennstrich zu diesem Blog ziehen müssen.
" (Kommentar)

Nun sind  meine beiden Kommentare ohne Zweifel antijudaistisch; ich stelle damit ein Kernelement des Judaismus in die Fragwürdigkeit. Die Formel "Gottesvergiftung", eine Verschwörungstheorie kosmischen Ausmaßes, ist in ihrer Polemik überaus drastisch. Nun wäre es vermessen, wenn ich mir einbilden würde, ich könnte die mosaische Religion und ihre Anhänger damit in Verlegenheit bringen, ebenso vermessen, wie wenn Alan Posener glauben würde, er würde den Felsen, auf den Christus seine Kirche gebaut hat, den Vatikan ins Wanken bringen, wenn er den Kreuzzügler gegen die Moderne, den Deutschen Papst brandmarkt und ihn attackiert, wenn der Papst sich weigert, der Hilfssheriff der Zivilreligion der Moderne, die sich statt auf Golgotha auf Auschwitz bezieht, zu sein (mehr) .

Von daher ist das keine Diskussion mit Gläubigen, sondern eine zwischen Ungläubigen,  zwischen "Religionskritikern" wie Posener und mir. Wir Religionskritiker sind inzwischen so freundlich, dass wir die Wahrheitsfrage der Religionen nicht tangieren, wir bescheiden uns, nach dem Nutzen und Schaden der Religion für unser Leben zu fragen. Ich habe Posener schon das eine oder andere Mal vorgeworfen, dass er mit seiner Religionskritik auf halber Strecke stehen bleibt, nicht an die Wurzel geht; um eine Kritik der mosaischen Religion - einer durch und durch politischen Religion - drückt er sich wie der Teufel vor dem Weihwasser.

Nun ist mir wohl bewußt, dass der Topos "jüdische Auserwähltheit", die Privilegierung einer Nation unter Nationen durch das Höchste Wesen,  einer der verstörendsten Sprengsätze der Religionsgeschichte ist, der eher Kräfte des Hasses und der Feindschaft als die Kräfte der Liebe und des Friedens entbunden hat.  Alan Posener ist dies natürlich auch bewußt; panisch versucht er deshlab diesen Sprengsatz durch eine Sprachregelung, durch eine einzigwahre Version der Exegese, durch eine kanonisierte Lesart zu entschärfen

"1. “Auserwähltes Volk” meint nicht: besser als andere. Es meint: Von Gott auserwählt. Und die Begründung, die Gott selbst dafür gibt (lesen Sie mal die Bibel, Sie werden die Stelle schon finden), lautet: Weil ihr ein Scheißhaufen seid. Wenn ich aus euch etwas machen kann, dann werden die Leute sehen, dass ich ein großer Gott bin. DAS ist die jüdische Auserwähltheit: allerhöchste Bescheidenheit." (Quelle)


Nun sollte der Memologe Alan Posener wissen, dass eine Idee, ein Begriff, ein Narrativ, ein Signifikant nie für alle Zeiten festgenagelt oder festgemauert in der Erde ist, dass ihre Geschichten Rezeptionsgeschichten sind,  Geschichten ihrer Metamorphosen - und da spielen Affekte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ein Kanon ist ein Damm, der das Wasser nicht halten kann. Wir wissen, welche Rivalität der Topos "auserwähltes Volk" in der Hegemonialzeit des "christlichen Abendlandes" ausgelöst hat, welche Todfeindschaft z.Z. des völkischen Enthusiasmus bzw. des nationalreligiösen Überschwangs der Nationalsozialisten mit ihm zusammenhing (Hitler: "es kann keine zwei ausgewählten Völker geben"). Mögen die Religionen, insbesondere das Christentum, in Europa ihre Aura, ihre Überzeugungskraft verlieren, meine These ist, dass die Topoi, die Imagines der Juden im Alten und Neuen Testament, in die DNA der heutzutage ohne religiösen Anspruch beschworenen "jüdisch-christlichen Kultur" eingeschrieben sind. Meine These ist, dass die Juden ohne Beimischung dieser Imagines gar nicht gesehen werden (können), sei es idealisierend oder herabsetzend. Woher sollte denn sonst - in einer Überblendung mit der durchaus beeindruckenden Stärke der nahöstlichen Hegemonialmach Israel und einer ebenso beeindruckenden Repräsentanz in  zentralen Knoten des internationalen Nervensystems -  die Zuschreibung einer nahezu allmächtigen Macht (Allmacht ist ein Attribut Gottes) an die Juden kommen? Ich vermute, dass wir ohne diese religiöse Komponente, ohne diesen Filter zu den Juden in Verbindung zur Wallstreet (die so Lloyd Blankfein das Werk Gottes verrichtet), eine nahezu ebenso entspannte Beziehung hätten wir z.B. zu den Italienern mit der Cosa Nostra oder den Mexikanern oder Kolumbianern mit ihren Drogenkartellen.

Ich bin mit diesen Überlegungen und Formulierungen noch nicht 100% zufrieden, ich stelle sie zur Diskussion. Wenn ich also - provozierend auf die Pauke schlagend - geschrieben habe, dass es sich bei der mosaischen Religion um eine Gottesvergiftung handelt, deren Opfer die Völker, in erster Linie das jüdische Volk ist - das ist antijudaistisch, gewiß; was soll denn daran antisemitisch, Judenhass sein?

Wenn Posener zweitens schreibt

"2. Angeblich pro-israelische Islamfeinde. Dazu habe ich hier wiederholt geschrieben, z.B. “Geert Wilders ist ein Antisemit”. Auch über den verlogenen Philosemitismus eines Sarrazin habe ich geschrieben. Das weiß Kaufmann, aber er nimmt es einfach nicht zur Kenntnis. Weil er ein verbohrter Ideologe und Demagoge ist, ein Opfer katholischer Erziehung, der vom Judenhass verzehrt ist."

will ich mich mit Posener nicht darüber streiten, ob Geert Wilders ein Antisemit, Thilo Sarrazin ein verlogener Philosemit ist oder nicht (Poseners Gegenfüßler (Antipod) Broder, der ja ansonsten herzhaft freigiebig bei der Verteilung der Diffamierung Antisemitismus ist, würde dem nicht zustimmen); so oder so, es bleibt zu fragen übrig, woraus sich die Begeisterung von Antisemiten und verlogenen Philosemiten für Israel ergibt? Ist diese Begeisterung gänzlich unverdient, hat Israel daran keine Aktien?

An einer Stelle muss man abbrechen.

2 Kommentare:

Dr. H.R. Goetting hat gesagt…

Berichten doch einmal über Hebron in der Westbank, einer Stadt, die sich die Juden durch die Vertreibung der Palästinenser„einverleibt“ haben. Die jüdische Apartheid-Stadtkarte von Hebron zeigt lila Straßen, wo keine palästinensischen Autos erlaubt sind, gelbe Straßen, auf denen keine palästinensischen Geschäfte erlaubt sind und rote Straßen, auf denen keine Palästinenser berechtigt sind, zu Fuß zu gehen (vgl. Jonathan Freedland, a Guardian columnist, who visited Hebron recently and published a piece called “This Is Israel? Not the One I Love” in London’s Jewish Chronicle).

Dr. H.R. Goetting hat gesagt…

Aus einem Leserbrief an das Handelsblatt, bitte kommentiren sie.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass ca. 95% der Juden eindeutig KEINE semitischen Wurzeln haben.

Die Palästinenser sind Semiten
Die Araber sind (oft) Semiten
Fast alle Juden sind HUNNEN

„Die bedeutsamste Massenbekehrung ereignete sich im achten Jahrhundert in der Region zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer: Die Chasaren traten geschlossen zur jüdischen Religion über. Die Ausbreitung des Judentums vom Kaukasus bis zur heutigen Ukraine ließ zahlreiche Gemeinden entstehen, die erst die Mongolen im 13. Jahrhundert nach Osteuropa abdrängten. Dort bildeten sie gemeinsam mit den aus den südslawischen Regionen und dem heutigen Deutschland zugewanderten Juden das Fundament der großen jiddischen Kultur.

Bis in die 1960er-Jahre hinein tauchen diese Fakten noch in der zionistischen Geschichtsschreibung auf. Später werden sie zunehmend an den Rand gedrängt und verschwinden schließlich ganz aus dem öffentlichen Bewusstsein Israels: Im Jahr 1967 konnten die Eroberer der Stadt Davids natürlich nichts anderes sein als direkte Nachfahren seines mythischen Königreichs und nicht etwa, Gott bewahre, die Abkömmlinge von Berberkriegern oder chasarischen Reitern.“

Was hat die palästinensische Urbevölkerung den Israelis denn getan, dass sie so grausam behandelt werden???

Ich dachte immer, dass es Hitler ein grausames Schwein war. Aber offensichtlich war er nur ihr Lehrmeister.