Donnerstag, 12. November 2009

Broders Normalität - aber einer, einer will nicht mit (Lizas Welt a.k.a. Alex Feuerherdt)

Der SPIEGEL und ich haben darüber berichtet: über den Auszug aus dem düsteren bedrückenden Reich der Holocaust Religion in das Reich der Broder-Seligkeit und -Herrlichkeit, in Ewigkeit Amen (aus diesen beiden Pics war die beeindruckende Fotomontage im SPIEGEL v. 2.11.2009 komponiert, mit denen Broders Debattenbeitrag "Der ideale Kandidat" illustriert wurde).


Mancherorts als Sprechorgan Broders verschrieen, konnte der SPIEGEL nichts mehr und nichts weniger vermelden, als dass Henryk M. Broder (der Moses unseres Säkulums oder der neue Sabbatai Zwi?) wie jeder wegweisende Prophet "ein wenig Lob und jede Menge Spott und Hohn" einstecken musste. Jedoch: "Doch die subversive Kraft der Provokation entfaltete ihre Wirkung - eine ernsthafte [sic!] Diskussion ist jetzt [sic!] entbrannt. Damit sei es genug getan, meint Broder..."(Fettdruck durch mich) und bejubelt im "Fundstück" am 10.11.2009 


Wenn Dr. Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland,  sagt


"Vom tristen, ewig ungeliebten Dauermahner und vom chronisch brumigen Dauer-Warner zum putzmunteren Antreiber und Impulsgeber, 
Phantasie statt Rituale, 
weniger sauertöpfische Übellaunigkeit und mehr frischer Einfallsreichtum, 
weniger oberleherhafte, moralinsauere Besserwisserei und mehr offener, aber durchaus auch kontoverser Dialog,
weniger Empörungsmaschinerie, weniger Empörungsroutine und mehr quicklebendige Kreativität, entschlossener Einsatz für die gemeinsame jüdische Einheit mit Phantasie und Begeisterung und mit Leidenschaft, gepaart mit glaubwürdigem Respekt für unsere neue Vielfalt und deren Wurzeln, 
nicht immer nur laut hinaus schreiend, wogegen wir Juden sind, sondern auch einmal endlich: wofür eigentlich, 
endlich heraus aus der bleischweren Rolle des Moralwächters, heraus aus der Dauer-Mecker-Ecke und auch aus der so unendlich traurigen Opferrole überhaupt 
und mitten hinein ins bunte Leben von leidenschaftlicher Debatte, von frischer Diskussion, von lebendiger Kultur und dem neugierigen Forschnach den vielen, positiven Schätzen, die das bunte Judentum auch heute anzubieten hat."


ist das dem subversiven Impuls von Henryk M. Broder zu verdanken.

Die Römer sind überall, aber da ist noch ein kleines, gallisches Dorf, es nennt sich Lizas Welt. Von dort spricht Alex Feuerherdt "Auschwitz war gestern, heute ist Deutschlandparty" und sieht angesichts von
"Jubel, Trubel, Heiterkeit - Seid zu Heiterkeit bereit" der deutschen-paneuropäischen und deutsch-universalistischen Feiern ("alle dürfen mit uns schunkeln, auch der ärgste Bolschewik - denn im Dunkeln ist gut munkeln in der Bundesrepublik, la lala.." Enzensberger) am 9.11.2009 ein "Trauerspiel"

"Allenthalben begegnet einem die Forderung, doch nicht alles gar so negativ zu sehen. Und sie hat etwas Richtiges: Das Gute an den Feierlichkeiten zum zwanzigsten Jahrestag des Mauerfalls ist beispielsweise, dass sie in wenigen Stunden vorbei sind. Und auch historisch gesehen ist das größte anzunehmende Unglück nicht eingetreten: Das Vierte Reich ist nämlich ausgeblieben."

Hier sind so viele Rosinen im Teig, dass es mir wirklich schwer fällt, die eine oder andere als Illustration herauszupicken. Also Lesebefehl! Besten Appetit! Wenn es ginge, würde ich den Kuchen gerne länger als unendlich aufessen, schmackofatz hier:

"Der Schutzwall, ... ist perdu, und mit ihm – das ist noch keine große Dialektik – auch die Versicherung gegen eine Wiederkehr deutscher Normalität. Nicht der blanke Wahn des Nationalsozialismus, sondern seine in demokratischen Jargon verpackte Fassung wurde nach 1989 restauriert..."

schmackofatz dort:

"...gemeinsamen Wunsch nach Normalität, nach der Möglichkeit, sich mit Deutschland vorbehaltlos identifizieren zu können. Was zu diesem Behufe dem gemeinen Volk die Fußball-Nationalmannschaft und die schwarzrotgoldene Gesichtsbemalung, das ist dem Kulturmenschen – und für einen solchen hält sich der Deutsche gern – die klassische Musik, in concreto die romantische. Denn in ihr kann man sich so herrlich vergessen und mit sich selbst auch die Vergangenheit; die Kunst wird zum Instrument der Erlösung."

und hier wieder schmackofatz:

"Dass der militante Nationalismus Richard Wagners nun ausgerechnet zum „Freiheitsfest“ am Brandenburger Tor erklingen soll, findet ein Zeitgenosse gleichen Namens gänzlich unproblematisch. Wagner Junior ist Namensvetter, Schriftsteller, Journalist und jüngst ein klein wenig bekannt geworden als der Ex-Ehemann der Frau Müller, die vor ein paar Wochen auch noch kaum jemand kannte, bis der Literaturnobelpreis das änderte. Auf der Achse des Guten hat Richard Wagner in starker Konkurrenz zu Vera Lengsfeld bereits tatkräftig zum Sonderbeauftragten für Deutschnationales sich qualifiziert und seine affirmativen Tugenden auch dieser Tage wieder unter Beweis gestellt."

und noch diese Rosine , Sie sehen, ich kann, schmackofatz, gar nicht genug fressen:

"Es geht ihnen nämlich um die Freiheit, ganz deutsch sein zu dürfen, mithin nicht von Vernunft und Zweifel angekränkelt zu werden. Und deswegen passt der alte zum jungen Wagner, und beide passen zum originär deutschen Freiheitsfest."

Schmackofatz:

"Den Wagnerrichards ging und geht es nicht um das, was Freiheit im liberalen Sinne heißen könnte: nicht um Zivilisiertheit durch Recht und bürgerliche Freiheit, nicht um republikanische Verfassung und demokratische Verfasstheit, sondern um Deutschland, diese Sache um ihrer selbst willen. ..
Und dabei ist Daniel Barenboim behilflich. Der nämlich ist noch für jede politische Dummheit dumm genug (und darum der gute Jude der Deutschen)...Und nächstes Jahr, wenn zum 3. Oktober wieder ein rundes Jubeldatum ansteht, wird dann vielleicht auch Schoenberg entsorgt. Dann gibt’s Hans Pfitzners „Von deutscher Seele“, dann soll endlich Schluss sein mit geschichtspolitischer Zerknirschtheit und undeutscher Kakophonie.
" (Fettdruck durch mich).

Also Freunde, nichts wie ran an den Speck! Vielleicht findet ihr noch eine Rosine, die ich nicht gefressen habe. Komisch, ich bin nach wie vor nicht matt wie eine Raupe Nimmersatt.

Nun, Alex Feuerherdt ist als kleines gallisches Dorf, das den Römern widersteht, bereits zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und der Fußball-Europa-Meisterschaft 2008 aufgefallen. Damals ging es ihm um die bedenkenswerte Frage, "Warum das (vermeintliche) Pinkeln auf die deutsche Fahne eigentlich schlimmer oder geschmackloser sein soll als das Schwenken derselben". 

Von einem diplomierten Psychologen namens Othmar Kaufmann habe ich die Hypothese gehört, dass Alex Feuerherdt mindestens so traumatisiert sein muss wie Henryk M. Broder. Einem Menschen, der "deutsche Normalität" als Normalität von "Otto Normalvergaser" riecht und wahrnimmt, dem muss der Leibhaftige direkt vor der Nase gestanden haben. Das sei die einzige mögliche Begründung dafür, Eike Geisel ernst zu nehmen und Tag für Tag dessen Mantren zu repetieren. Das ist natürlich Quatsch und Pseudowissenschaft. An der deutschen "Normalität" wird die Welt noch verrecken. Die Frage ist "Was tun?". Lizas Welt a.k.a. Alex Feuerherdt regt an:  Miess gemacht VIII und Bomber Torres, do it again. Von der Maas bis an die Neisse, Bomben drauf, hau weg die Scheisse.


Berichtigung: Alex Feuerherdt macht mich in einer Zuschrift v.  12.11.2009, 23:09 darauf aufmerksam, dass nicht er der Autor des gewürdigten Beitrags "Richard Wagners Negerküsse" sei. Ich trage also nach: Autor ist ein gewisser Christian J. Heinrich. Ich muss gestehen, die vielen multiplen Persönlichkeiten in diesem Netzwerk machen mich ganz wuschig: Unter dem Artikel stand "Verfasst von Liza um 00:25". So habe ich denn fälschlicherweise geglaubt, dass "Christian J. Heinrich" ein weiterer nom de guerre von Alex Feuerherdt ist. Jetzt muss ich wieder annehmen, dass hier zwei Herzen im Dreivierteltakt geschlagen haben. Aber der legendäre Satz "Auschwitz war gestern, heute ist Deutschlandparty mit allem drum und daran" stammt doch von Ihnen, Alex Feuerherdt? Am wuschigsten bin ich nach wie vor bei dem Meister. Veröffentlicht der nun unter Pseudonymen wie "Fundstück", "Israel Shalom", "Walter Schmidt" oder sind das eigenständige Entitäten? Jetzt stolpere ich auf der Achse des Guten über eine angebliche "Gastautorin" namens "Katharina Lustgarten [sic!]" mit einem angeblichen "Gastbeitrag": "Prof. Unrats epochaler Unsinn". Die Quelle wird leider nicht genannt. Der Text ist eigentliche Broder pur. Hat das nun der Meister selbst geschrieben oder Frau "Lustgarten" in die Feder souffliert? - Nach solchen Exerzitien fühle ich mich immer sauwohl wie der Zigeunerbaron "Mein idealer Lebenszweck, gr, gr, ist Borstenvieh und Broderspeck .."

Keine Kommentare: