Freitag, 24. September 2010

Das Holocaust-Denkmal schleifen, ein Henryk M. Broder Mal errichten

Manche Texte entwickeln wie Wild ihren Hautgout erst langsam, wenn sie abgehangen werden. Gewiß ist mir die Brisanz von Henryk M. Broders Meditation bei Thea Dorn gleich aufgefallen:

"Es gibt eine zweite Agenda. Die Auslagerung der europäischen Geschichte in den Nahen Osten. ...Psychoanalyse ist eine spekulative Wissenschaft, aber da die Volkswirtschaft auch eine spekulative Wissenschaft ist, darf ich psychoanalytisch spekulieren: Europa hat ein Unbehagen an sich selbst, nennen Sie es Antisemitismus ... Israel als Corpus delicti oder meine Existenz sind Erinnerer an den Holocaust ... das europäische schlechte Gewissen wäre enorm erleichtet, wenn jemand anders den "Job" [(Holocaust II] übernehmen würde ... Die Europäer würden es gut finden, weil 1.  der erste Holocaust im Dunst der Geschichte verschwinden würde, 2. damit bewiesen wäre, dass mit den Juden keiner kann, 3. man an die Überlebenden Care-Pakete schicken könnte. ... Dies mag spekulativ sein, aber auch nicht spekulativer als das Verleihen von Geld an Griechenland."

Diese Meditation hat sich bei mir eingenistet, immer gramer ist mir dabei geworden, nicht nur aus Mitleid, sondern weil hier ein Grauen, ein Brodem wie aus morbiden stories von Poe oder Lovecraft aufsteigt. Offenbar ist es für Henryk M. Broder um einiges leichter zu ertragen, sich vorzustellen, dass man Seiner "Existenz" als "Erinnerer des Holocaust" an den Kragen will, als dass er als Dummschwätzer und haltloser Spekulant anderen auf den Sack geht.

Broder war einer der scharfzüngigsten Kritiker der Konzeption des Holocaust-Denkmals als eines "Ortes, zu dem man gerne geht".  M.E. werden die Effekte von Materie gewordenen "Denk"-Mälern eh überschätzt; Broders Unbehagen kann ich jedoch nachvollziehen. Aber hier ließe sich leicht Abhilfe schaffen; das Holocaust-Denkmal schleifen und ein Broder-Mal errichten. Hier würde kein Mensch gerne hingehen.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tja, Sie arbeiten doch hart an einem Broder-Mal?

Oscar Mercator hat gesagt…

Tja, wenn schon die Mathematik damit leben muss, nicht widerspruchsfrei zu sein, wie kann ich armer Polemiker aus diesem Paradox herauskommen? Das ist meine Aporie.

Anonym hat gesagt…

schliesse mich dem vorschlag an !!!!

die hauptstadt braucht ein GRÖPAZ-denkmal (gröpaz = grösster publizist aller zeiten) für hmb: damit würde es uns gelingen endlich die geburtenfreudigen aber sexfeindlichen muslime in die schranken zu verweisen ...

Oscar Mercator hat gesagt…

Ihre Begeisterung zeigt, dass mein Gedanke, dass H.M.B. höchstselbst in SEINER "Existenz" "Erinnerer an den Holocaust" ist, auch zu anderen Zwecken verstanden werden kann. So ist die Welt, Wille und Vorstellung.