Ich hatte in letzter Zeit gleich zweimal Gelegenheit, von Broders Apotheosen der Debatte zu berichten. Dass er zusammen mit seinem Sprachrohr SPIEGEL, der verdächtigt wird, Broder als Minenhund in jüdischen Dingen auszuschicken, selbst den abschließenden Segen und die abschließende Würdigung seiner "Kandidatur" sprach ("Der ideale Kandidat" und "Broders Normalität ..."). Dann die wegweisende Israel Debatte "Je schuldiger die Juden, desto unschuldiger die Deutschen" auf SPON, die Broder souverän zum verdienten Ende brachte
" Lieber Herr Follath, ich schlage vor, wir gehen zusammen essen, brüllen uns an, und wer zuerst heiser ist, zahlt die Rechnung, okay? Chinese, Thai oder Vietnamese? Ihr HB"
Hauptsache nicht koscher und nicht deutsch.
"Henryk M. Broder trifft Maxim Biller" - 12 Uhr mittags, ein Show down. Der Kitzel der Titelstory ist natürlich "Sie sind die zwei streitlustigsten Juden Deutschland." Das ist ein Superlativ, der zeigt, dass es zwei geschafft haben, an die Spitze der Pyramide in einem lustigen Völkchen zu kommen. Dass das nicht an den Testosteronen liegen kann, hat die Wissenschaft inzwischen zweifelfrei dargestellt. Um was geht es denn in dieser Debatte?
Irgendwie auch um das unverwüstliche Thema "deutsche Verantwortung" (für und an Broder & Biller), unleidigen Stallgeruch und das noch weit bedeutendere Thema "die entscheidende Frage, wer der bessere Selbstdarsteller ist" (- und Judensimulator; die beiden Kerle erinnern mich an Drag Queens, Kerle, die reichlich plakativ und voll Rohr den Juden an und für sich oder des Pudels Kern darstellen wollen). In den guten alten Zeiten, als die Kirchen und Synagogen noch im Dorf waren, hätte man diese Debatte im Dorf gelassen, zwei Streithammel oder zwei zänkische Schachteln, ein alter und ein junger Esel, die eine Sau durchs Dorf treiben. Heute ist das wahnsinnig interessant: die streitlustigsten Juden = jüdische Alphaintellektuelle. Die Zeitzeugen, Tobias Haberl und Evelyn Roll, bezeugen, dass die Sätze bissig hin un her flogen. Wir lesen da zum Beispiel:
"Broder: Ach Maxim, du bist ein richtiger Ghetto-Jude. Man kann den Juden aus dem Ghetto holen, aber nicht das Ghetto aus dem Juden. Dafür bist du das perfekte Beispiel. Dir nehme ich das nicht ab, du willst nur dem Prototyp des leidenden Dichters entsprechen.
Biller: Willst du mich analysieren? Das schafft nicht mal meine Mutter." ...
Broder: Und du bist ironiefrei. Dich haben die Deutschen wirklich vollkommen germanisiert. So wie du benimmt sich kein Ostjude, geh mal in die Kaffeehäuser, vielleicht kommt der Geist wieder."(Fettdruck durch mich)...
Ich liebe Herausforderungen. Ich weiss, dass es sich hierbei um Dialektik in Potenz handeln muss und der Satz vom Widerspruch nicht mehr gilt. Meine Zähne, die ich gerne schärfe, bluten bereits. Ich will nicht behaupten, dass diese "bissigen" Sätze des Pudels (des Streitgesprächs) Kern sind. Jedoch gut zu wissen, dass das Leiden des jungen Biller durch totale Germanisierung entstanden sind, und dass sie durch Genuss von Kaffee und Schlagober kuriert werden könnten.
Aussagefähiger als die Interviewstrecke scheint mir die Fotostrecke im SZ Magazin zu sein. Alfred Steffen ist ein Genie. Das Pic zeigt klipp und klar, dass Körpergrösse keine Rolle spielt, wenn es um Augenhöhe geht.
Während Henryk M. Broder gelassen wie Charles Bronson in "Once upon a time in the west" (deutsch "Spiel mir das Lied vom Tod") dasteht und jederzeit ziehen kann, ist Maxim Biller etwas zu warm angezogen und hat seine Pfoten zu nahe am Gemächt versteckt, um schnell genug ziehen zu können. Unheimlich, was Broder für einen Schatten wirft und Biller nicht. Gespenstisch, hat Broder Billers Schatten an sich gerissen? Biller wird Broder noch lange nicht gewachsen sein, zu befürchten ist, dass der bei weitem jüngere Mann den älteren nicht überlebt. Das ist natürlich Broders perfekter Ringboden: einem weit Unterlegenen den Hammer zu zeigen, das letzte Wort "Nein, das unterscheidet die altklugen von den klugen. Ich sagte ja, ich brauche das Schlusswort."
Im Ernst, einer, der einen Biller, der sich entäußert mit
"Solange man nicht den Boden der Normalität
verlässt, ist alles, alles möglich, außer einer einzigen Sache: dass
die Unversehrtheit meines Gegenübers mir heilig ist. Die physische vor
allem. Das ist das Entscheidende. Aber ansonsten, solange es nicht
darum geht, den anderen zu vernichten, muss alles sagbar und denkbar
sein" (der "Boden der Normalität" und die Radikalität des Dichters "Alles, alles möglich", ja, ja, eigentlich müsste der Schriftsteller doch korrekt sagen, alles möglich, außer die Unversehrtheit meines Gegenübers zu versehren)
so abfertigt
"Aber wie du redest: die Unversehrtheit meines
Gegenübers. Das ist doch klar, dass du deinem Gegenüber, auch, wenn er
eine völlig andere Meinung hat, nicht die Fresse einschlägst. Du hast
immer diesen schrecklich staatstragenden Ton. Du bist 49 und sprichst
wie einer, der 79 ist. " (Fettdruck durch mich)
bekommt von mir Szenenapplaus und ein donnerndes: Chapeau!
Es gibt Menschen, zum Beispiel in Dortmund, die der Ansicht sind, dass der Fight ganz anders ausgegangen ist.
Nun gut, ein Mann, der, wenn überhaupt jemanden, dann seine eigene Mutter für den einzigwahren Analytiker seiner Person hält, wäre natürlich bei meinen Neigungen ein treffliches Zielobjekt und ein gefundenes Fressen. Andererseits: Die Missetaten der Väter werden an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied heimgesucht. Ich habe mein Päckchen geschultert, in dem ich Henryk M. Broder meine stete Aufmerksamkeit schenke, unabhängig wie langweilig oder kurzweilig er ist. Das ist ein Kreuz. Maxim Biller kam bisher auf diesem Blog nicht vor und soll in Zukunft nicht wieder vorkommen. Diese Beschäftigung überlasse ich gerne den jüngeren Generationen, ob sie nun Golf- oder Facebook-Generation oder sonstwie heissen. Gott sei´s gelobt und gepfiffen. Vielleicht stellen sich die Späteren, wie ich jetzt bei Broder, auch bei Biller die Frage, ob ein derartig faselnder und schwafelnder Kerl bei jedem anderen Migrationshintergrund nicht auf dem letzten Loch pfeifen würde.
Stallgeruch hin, Stallgeruch her: ist man vergnügt, ist man Mensch mit einem member of the society, der permanent um seine Anerkennung kämpft, auf der Mauer, auf der Lauer sitzt ...? Oder als Deutscher mit zwei Superintellektuellen, die gegenseitig alles Miese am Anderen als deutsch etikettieren? Du machst einen schlechten Witz, das ist kein jüdischer, das ist ein deutscher; Du hast keine Ironie, Du bist vollkommen germanisiert. Freunde, könnte das nicht eine Verständigungsbasis sein: Wenn ein Deutscher einen guten Witz macht, ist das ein guter deutscher Witz, kein jüdischer, wenn ein Jude einen schlechten Witz macht, ist das ein schlechter jüdischer Witz, kein deutscher? Oder noch einfacher, ein guter ist ein guter, ein schlechter ein schlechter Witz; folkloristischer Hintergrund vorausgesetzt. - Broders Deo aus Moschus, Teresa Orlowski, Patschouli und anderen Spezereien, die ihm die Heiligen Drei Königen gebracht haben, ist nicht gerade dezent aufgetragen. Ich gehöre nicht zur guten Gesellschaft. Die gute Gesellschaft in Deutschland rümpft die Nase, schüttelt den Kopf und sagt dazu nichts.
6 Kommentare:
Sagen Sie, Kaufmann, haben Sie eine deutsche Krawatte an, auf die Sie sich getreten fühlen? Broder und Biller schonen ebensowenig die jüdischen Empfindlichkeiten.
Du bist ja so was von besessen von Deinem Broder, Oscar. Du machst Dir einen Jux aus Deinem miesen Antismitismus, den Du als Pädagogik und Sprachkritik an Broder und dem sogenannten Netzwerk maskierst.
@Don.Na
Eine Krawatte nicht, eine Fliege ja. Wie man sieht, sind auch die Herren, zumindest Biller, was den eigenen Stall angeht, nicht ganz unempfindlich.
@Anonym.
Diese Beschäftigung mit Broder und seinen Freunden auf diesem Blog kann als obsessiv angesehen werden. Das ist mein Kreuz. "Deinem Broder" - das ist zuviel, da hätte auch der Werteste was dagegen einzuwenden.
"Mieser Antisemitismus" - ich habe immer davor gewarnt, Henryk M. Broder als pars pro toto zu nehmen, habe ich das nicht genug getan? - Im übrigen, überschreite ich den Rubikon, den Biller und Broder definiert haben, dass alles, alles möglich ist, solange man sich nicht die Fresse poliert. Physisch. - Und, fragen Sie Broder, muss die Arbeit nicht ein bißchen Spaß machen? Sind die übrigen Herrschaften, Bernd Dahlenburg, Claudio Pinocchio Casula, Alex Feuerherdt, Herbert Eiteneier Juden? Bei "Walter Schmidt" weiss ich das nicht, das könnte eine Inkarnation von Broder sein.
Ich glaube, Du hast von Maxim Biller bisher nicht ein Buch gelesen und beurteilst ihn nur von diesem sicherlich nicht gelungenen Streitgespräch.Das ist, wie wenn Du Bob Dylan von seinem Weihnachtsgedudel beurteilen würdest
@bernd
Hallo Bernd,
das stimmt, ich kenne Maxim Biller kaum. Das Leben ist kurz. Bei meiner Beurteilung muss ich mich darauf beschränken, was er hier geäuzßert hat. Das mag ungerecht sein. Ihn gerecht zu würdigen, überlasse ich anderen.
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