Samstag, 16. Januar 2010

Prof. Julius Schoeps kritisiert: "Abwegige Parallelen"


Lesen Sie bitte den Artikel "Abwegige Parallelen" in "Die Jüdische".
Wo sieht Prof. Dr. Julius Schoeps "Abwegige Parallelen" bei Prof. Wolfgang Benz und anderen? Er stösst sich an dem Satz von Prof. Benz

"Wer sich, zu Recht, über die Borniertheit der Judenfeinde entrüstet, muss aber auch das Feindbild Islam kritisch betrachten (das sich zuweilen eines aggressiven, aufgesetzten Philosemitismus bedient)". und findet bei diesem "nebulös-vagen Nebensatz" einen "überraschenden moralischen Impetus" für bedenklich. Prof. Schoeps fragt

"Sind "aggressive Philosemiten", wie er erklärt, tatsächlich die schärfsten Islam-Feinde? Bedeutet "pro-jüdisch" - wenn auch "künstlich pro-jüdisch" - automatisch so etwas wie eine Anfälligkeit für "anti-islamisch"? Muss man, in der Zuspitzung, israelkritische oder antiisraelische Positionen vertreten, um nicht in Verdacht zu geraten "islamophob" zu sein?"

Um das Argument noch mehr zuzuspitzen "Muss man, in der Zuspitzung, proisraelische Postitionen vertreten, um in den Verdacht zu geraten "islamophob" zu sein?" Ich finde, ein bißchen Feldforschung und Empirie schadet überhaupt nichts. Bevor die Diskussion sich an Sophismen festbeisst und intellektuell verzweifelt, schlage ich vor, einen kurzen Blick auf die Header und Avatare von "islamkritischen" (ich verzichte hier ausdrücklich auf den Ausdruck "islamophob", da die Damen und Herren - entweder ausdrücklich oder insinuierend -geltend machen, dass sie nicht phobisch sondern kritisch sind) Seiten zu werfen :

Politically Incorrect, Spirit of Entebbe,no blood for sauerkraut,heplev abseits vom Mainstream,Castollux


Ich weiss, die Stichprobe ist für eine sozialwissenschaftliche Untersuchung bedenklich dünn (nehmen Sie sich ein wenig Zeit für die Blogrolls dieser Seiten; dort finden Sie noch mehr Belege; wenn Sie eines der High-Tech-Geräte der Zahal finden, haben Sie 100 pro auch einen mehr oder weniger bedachten "Islamkritiker" gefunden). Ich will trotzdem wagen zu verallgemeinern: die "pro-jüdische" oder "künstlich pro-jüdische" Einstellung (wer sieht schon in das Herz der Menschen?) ist signifikant einer "islamkritischen", sogar einer "aggressiv islamkritischen" Haltung korreliert (gar nicht zu schweigen von den Äußerungen Henryk M. Broders auf der Achse des Guten und anderswo, die man gewiss nicht einen aggressiv aufgeladenen  "Philosemistismus" nennen kann, sondern die mehr oder weniger unverblümte Rechtfertigung der "einzigwahren" zionistischen Doktrin, Großisrael einschließlich der "Gebiete", deren Rückseite und noch ungedeckter Wechsel Broders "noch nicht einmal angedachte" Überlegung ist, dass das Problem der Palästinenser nicht ist, "dass sie vertrieben wurden, sondern nicht weit genug vertrieben wurden." Dieser Agenda korreliert eine ständige Verbesserung des Feindbildes. Diskussion auf diesem Blog hier und hier).

Ich finde, das ist  überhaupt nicht verwunderlich: das exemplarische und hauptsächliche Schlachtfeld ist der Konflikt zwischen Juden und Muslimen im Heiligen Land, der nicht nur politische, sondern auch metapolitische (heilspolitische) Konflikt, wem gehört der Har haBait oder al-haram asch-scharif, das edle Heiligtum? Wieweit die "Islamkritiker" zuerst durch ihre Identifikation mit der Agenda "Zion" motiviert sind und dann Stellung gegen die "Feinde Israels" oder "Anitzionisten" beziehen oder zuerst durch eine "islamophobe" Allergie, die mit einer "Pro-Israel-Haltung" rationalisiert und geadelt wird, muss jeweils im Einzelfall entschieden werden. Ich denke, die Übergänge sind fliessend.

Prof. Julius H. Schoeps sieht das Hauptproblem in der Angst der "Mehrheitsgesellschaft" vor "den anderen", gegen Minderheiten. "Wie islamfeindlich sind die Deutschen wirklich?" - Ich halte das für zur kurz gegriffen. Ich habe in der Fußnote der letzten Post die These fromuliert, dass eine noch nicht einmal verdrängte, aber betäubte Grundangst, die resignativ ertragen wird - dies ist von Michel Houellebecq in "Elementarteilchen" grandios beschrieben - ,durch eine sekundäre Angst, eine äußere Bedrohung ersetzt wird. So hat man wenigstens das Gefühl, dass man kämpft, sich zur Wehr setzt, auch wenn man sich damit abgefunden hat, auszusterben. Ein fruchtbares Europa bräuchte sich vor den Muselmanen nicht zu fürchten. In der anregenden Studie "A Commedia for our times", in der der immer interessante "Spengler" in seiner legendären Kolumne in Asia Times über die Relationen von Liebe zum Leben, Bereitschaft, Risiken und Verantwortung zu übernehmen, Unternehmertum und religiösem Glauben vs. säkularer Einstellung meditiert, zitiert er Goethe

"Das ist der Weisheit letzter Schluss: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss".

"Spengler" legt nahe, diesen Satz so zu lesen, sowohl täglich für die Freiheit wie für das Leben zu kämpfen. Ohne für das Leben zu kämpfen, kämpft man nicht für Freiheit, sondern für die "Freiheiten" eines selbstgenügsamen Elementarteilchens. Der Ernstfall der Freiheit wird zu einem Anspruch auf  "Freiheiten" die man sich nimmt und nicht gibt, anything goes. Broder kämpft z.B. mit  Inbrunst für den Leuchtturm des freien Westens, für des Pudels Kern der Menschenrechte, das "Recht auf Beleidigung" (damit man mich nicht mißversteht, diese Leute sollen auf jeden Fall Leib und Leben garantiert bekommen; alles übrige regelt das StGB und nicht die Scharia). Broder und andere Helden der Zügel-, Disziplin- und Respektlosigkeit sind Zerrspiegel des "freien Westens", narzisstische Spiegelkabinette, die für Angehörige von Kulturen der Hemmung, die stärkere Peinlichkeits- und Schamschwellen haben, nicht attraktiv sind, sondern wie  Medusenhäupter "faszinieren" und zu Tode erschrecken; mit einem gewissen Recht sehen sie darin Vanitas vanitatis et omnia vanitas, einen Totentanz - und nicht die Liebe zum Leben. Darf ich noch Wilhelm Reich zitieren? Aus seiner Rede an den Kleinen Mann:

"Das Lebendige beansprucht nicht Macht, sondern Geltung im menschlichen Leben. Es ruht auf den drei Pfeilern der Liebe, der Arbeit und des Wissens."

Wäre es nicht produktiver, eine Diskussion darüber zu vertiefen, wie in unserer säkularen Welt - wir können nicht mehr zurück, für uns Säkulare haben die traditionellen Religionen ihren Zauber und ihre Musikalität verloren -  die "Liebe zum Leben" und damit verbunden die Verantwortung für das Leben geweckt werden kann (ich meine keinen hektischen Voluntarismus) als zum letzten Gefecht gegen fertil-aggressive Muselmanen, die jetzt schon viel weiter als nach Wien gekommen sind, zu trommeln?

Weckt Broder die müden Lebensgeister?  Nein, er stimuliert und instrumentalisiert die agonische Agressivität einer nicht unerheblichen noch kleinen radikalen Minderheit der "Mehrheitsgesellschaft". Die heulen viel lieber beim Kriegstanz, als den harten, aber lohnenden Weg der Elternschaft zu gehen. Cui bono? Fragen Sie Henryk M. Broder. Broder auf jeden Fall, wem noch?- Gelingt es, den Clash noch zu vermeiden? Ich bin nicht sehr optimistisch. Deeskalation ist für Broder ein Fremdwort, er ist von Kopf bis Fuß auf Eskalation eingestellt, das ist seine Welt. Da muss er jeden platt machen, der sich in den Weg stellt, seien es Prof. Benz oder Boris Palmer oder über eine Milliarde angeblich ständig beleidigter Muslime. Broder hat schon Guantanomo gerechtfertigt und verkörpert wie kein zweiter mit Haut und Knochen die politische Doktrin von shock and awe. Mit diesen Methoden wollen wir den "freien Westen" nicht verteidigt haben. Leider Gottes gibt es viele von diesen innerlich substanzlosen Zündlern. Freunde, den Kampf verliert Ihr so oder so. Und Broder hat Euch sowieso schon abgeschrieben, der ersetzt Euch glatt und umstandslos durch die Inder, sofern er nicht vorher den Kopf verliert. - Alternativ können wir natürlich darüber reden, dass die Singularität nah ist und über die transhumanen Optionen z.B. eines Ray Kurzweil.

1 Kommentar:

Hasso hat gesagt…

Ich kann Dich beruhigen. Was "Ramona" bei Kurzweil angeht, die besteht den Turing-Test noch lange nicht.