Freitag, 25. September 2009

Antisemitismus, Outbreak im Bundespräsidialamt

Herbert Eiteneier a.k.a. heplev ist einer der kleinen Propheten. Am 30. Oktober 2008 prophezeite er in der Zeitschrift der Siedlerbewegung Arutz Sheva
 
"I wonder how long official Germany will still pay its lip service. Should the left-wing parties be able to form the next federal government, expect a change of course soon. How long the Christian Democrats will hold out paying their lip service and letting some honest people make a stand, I can't say. But the virus is out. And I am convinced it will get out of control sooner or later."

Der kleine Prophet ist von den Ereignissen überrollt worden. Grosse Propheten wie Henryk M. Broder und Alex Feuerherdt a.k.a. Lizas Welt berichten, wie der Virus bereits das Bundespräsidialamt und den hochrangisten aller Christdemokraten infiziert hat. "Lippenbekenntnisse" sind von gestern.
"...innerhalb von nur zwei monaten sind zwei antisemiten mit auszeichnungen geehrt worden. beide male war der bundespräsident involviert. einmal hat er die urkunde unterzeichnet, das andere mal die laudatio gehalten. ich tendiere immer noch dazu, dies für für koinzidenz zu halten - in tateinheit mit inkompetenz im umfeld des präsidenten.
für den fall allerdings, dass es kein zufall war und sie demnächst noch weitere antisemiten bzw. jüdische selbsthasser ehren wollen, ...
sehr geehrter herr dr. haller, vielen dank für ihre erstaunlich schnelle antwort, der ich entnehme, dass die antisemitischen phantasien von mankell den bundespräsidenten nicht daran gehindert haben, eine laudatio auf ihn zu halten...." (Quelle: Achgut, Broder, Hilfe für den Präsidenten)

Während der entgeisterte, gutgläubige und gutwillige Henryk M. Broder dem Bundespräsidenten noch Hilfe anbieten will, weiss der unsentimentale, von Eike Geisel in die Pflicht genommene Realist Alex Feuerherdt in seinem Leitartikel "Laudator?Si!" ganz genau:

"Bundespräsident Horst Köhler wusste ganz genau, auf wen er da am vergangenen Freitag seine Laudatio hielt: ...Allemal von Interesse ist jedoch, dass der Bundespräsident den Laudator für einen glühenden Israelhasser gegeben hat – denn er kann sich nicht darauf zurückziehen, nur einen speziellen Teil von Mankells Schaffen gewürdigt haben zu wollen. ...Mag sein, dass es nicht Mankells Antisemitismus war, der den Ausschlag für die Verleihung des diesjährigen „Friedenspreises“ inklusive einer Laudatio des Bundespräsidenten gab. Aber er hat ihr auch nicht im Weg gestanden. Und das ist so bezeichnend wie übel genug."

Für welches Engagement der Bundespräsident, der eine besondere Affinität zu Afrika hat,  in seiner Laudatio Mankell ehrte, ist gänzlich irrelevant. Einzig und allein entscheidend ist die Gretchenfrage unseres neuen Milleniums "Nun sag, wie hast du´s mit Israel?" auf der Waagschale der Beurteilung eines Menschen.

Mankells Statement ist eine Fundamentalkritik und radikale Infragestellung Israels und des zionistischen Projekts. Mankell beurteilt Israel unter dem Gesichtspunkt der Apartheid und der Herrschaft eines Volkes über ein anderes Volk. Diesem System wünscht er den Untergang. Propheten sind zornig und äußerst einseitig. Israel und seine Fürsprecher mögen sich verständlicherweise in diesem Spekulum, Spiegel oder Zerrspiegel, nicht erkennen. Nachdenklich könnte jedoch stimmen, dass diese Kritik gerade auch von Persönlichkeiten geäußert wird, die im Kampf gegen das Apartheidssystem in Südafrika engagiert waren, dessen Struktur und Symptome genau kannten, und letztlich die Erfahrung machten, dass dieses System transformiert werden konnte. 



Anstatt nun Mankells Kritik an der Besatzungspolitik und Siedlungspolitik Israels, einseitig parteiisch wie sie ist, in ihrem bedenkenswerten und anstössigen Kern wahrzunehmen und differenziert zu kritisieren und zu widerlegen, wird sie von Henryk M. Broder und den anderen einzigwahren Freunden Israels mit einer Abwehrmagie zu bannen versucht, die Broder am reinsten in seiner Ansprache vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages am 16.6.2008 dargelegt hat:

"Der Antisemit nimmt dem Juden nicht übel, wie er ist und was er tut, sondern dass er eistiert ... Der Antizionist hat die gleiche Einstellung zu Israel wie der Antisemit zum Juden. Er stört sich nicht daran, was Israel macht oder unterlässt, sondern daran dass es Israel gibt... Der moderne Antisemit bekennt sich ganzh unbefangen zum Antizionismus, dankbar für die Möglichkeit, seine Ressentiments in einer politisch korrekten Form auszuleben...Und deswegen beteiligt er sich so leidenschaftlich an Debatten über eine Lösung der Palästina-Frage, die für Israel die Endlösung bedeuten könnte." (Fettdruck durch mich)

Problem erkannt, Problem gebannt? Problem entsorgt: Wallander ist ein exterminatorischer Antisemit
"mankell ist, ebenso wie die mit einem BVK auszeichnete frau langer, ein bekennender und praktizierender antisemit, der von einer zweiten endlösung der judenfrage, diesmal im nahen osten, träumt"- und damit ist offenbar alles gesagt. Wir haben es hier offenbar mit einer Elitetruppe von Prodigies und Wunderkindern zu tun, die im Kaschperletheater dieser Welt mit wachsener Begeisterung "´S´Grogodil, s´grogodil" schreit.

Ein Witz, vielleicht auch eine List der Geschichte ist, dass derselbe Mann Broder sich anläßlich der des jüngsten Romans Leon de Winters "Das Recht auf Rückkehr" zu einigen prophetischen Überlegungen stimuliert fühlt:

"Eine düstere Vision, werden Sie jetzt sagen, Produkt schriftstellerischer Fantasie. Nein, sagt Leon de Winter, eine Realität, mit der wir rechnen müssen. Er denkt das Undenkbare, stellvertretend für uns alle... Die meisten Juden weigern sich, die Zeichen an der Wand zu sehen."

Solche Phantasien und Endlösungsgruseleien können auch entlastend sein; für de Winter und Broder waren schon immer die Vereinigten Staaten von Amerika das Gelobte Land. Ich empfehle de Winters Werk und Broders Geleitwort aufmerksam zu lesen. Sie werden feststellen können, welche der "Prophezeiungen", die von Mankell oder die von de Winter & Broder, an einer Lösung des Problems ernsthafter interessiert ist. Bermerkenswert ist, dass Mankell eine Zwei-Staaten-Lösung nicht für machbar hält, Broder sicherlich nicht zu denen gehört, die die Zielstellung Obamas, die Schaffung eines palästinensichen Staates und die Koexistenz zwischen Israel und einem palästinensichen Staat, begrüssen und unterstützen. Mankell glaubt noch an eine politische Lösung, auch wenn sie nicht jedem gefallen wird, de Winter und Broder haben sich in komfortablem Abstand bereits im Hotel Untergang und Endzeit eingerichtet. Dandies mit Aporie und Weitsichtigkeit? (siehe auch)

Die oder wir? Fragen wird man wohl noch dürfen, wagt Hannes Stein zu schreiben. "Tertium non datur" pflegt Henryk M. Broder zuweilen zu diktieren.  Der wie immer großartige "Spengler" von Asia Times führt in seinem Kommentar "Palestine hopeless, but not serious" klar aus, wovon Henryk M. Broder, Hannes Stein und viele ihrer Freunde in der Blogosphäre nur mit Hüsteln ("das Undenkbare") zu raunen pflegen.

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