Sonntag, 20. September 2009

Prophezeiungen "moderner" Zionisten
Leseempfehlung: Leon de Winter, Das Recht auf Rückkehr

Leon de Winter: Das Recht auf Rückkehr. Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers. Diogenes, Zürich. 550 S., 22,90 €.  

Der bekannte Publizist Henryk M. Broder hat eine schlaflose Nacht,  rezensiert  in der WELT das "neue" und in der Tat lang erwartete Werk seines buddys Leon de Winter und beginnt zu prophezeien.


Von Henryk M. Broder 19. September 2009, 04:00 Uhr
 Einige prophetische Überlegungen über den Zustand im heiligen Land und in der übrigen Welt in 15 Jahren - angestellt aus Anlass von Leon de Winters jüngstem Roman "Das Recht auf Rückkehr". 

Was prophezeit Henryk M. Broder?
"...ich überzeugt bin, dass dieses Buch mehr als ein Roman, ein Thriller und mehr als eine literarische Wettervorhersage ist. Es ist die Ankündigung eines Unheils... 
War früher die Option, nach Israel einwandern zu dürfen, eine Art Versicherungspolice, eine Platzkarte fürs Rettungsboot, so ist es heute die Möglichkeit, im Notfall Israel verlassen zu können....
Und dabei erfahren wir, eher beiläufig, dass Israel im Jahre 2024 auf ein zweites Massada zusammengeschrumpft ist, ein Gebiet, das kaum größer ist als die Stadt Tel Aviv und das von Hard-Core-Zionisten und religiösen Eiferern bewohnt wird.
Alle, die es sich leisten konnten, haben das Land verlassen, dennoch herrscht kein Frieden in Palästina, ist der Nahost-Konflikt nicht gelöst. Er wäre es auch dann nicht, wenn Israel nur aus der Tel Aviver Strandpromenade und den Cafés an der Hayarkon Straße bestünde. Eine düstere Vision, werden Sie jetzt sagen, Produkt schriftstellerischer Fantasie. Nein, sagt Leon de Winter, eine Realität, mit der wir rechnen müssen. Er denkt das Undenkbare, stellvertretend für uns alle....
Die meisten Juden weigern sich, die Zeichen an der Wand zu sehen. So wie sich 1933 geweigert haben, die Wirklichkeit zur Kenntnis zu nehmen und vieles als Rhetorik und Schaumschlägerei abbuchten...
Wir machen jetzt einen Sprung in das Jahr 2024. Über dem Buckingham Palace in London weht die grüne Fahne des Propheten, in Deutschland hat sich Oskar Lafontaine soeben zum Kanzler auf Lebenszeit wählen lassen, Holland wird von einer Koalition aus Christdemokraten und liberalen Islamisten regiert, und in Tel Aviv sucht ein Vater nach seinem verschwundenen Sohn."

Lesen Sie bitte, liebe Leser, die ganze Rezension und finden Sie bitte heraus, was Henryk M. Broder vorschlägt, um dieses Unheil abzuwenden.  Ist er ein Defätist? Hat er sich sich mit der Dystopie Leon de Winters abgefunden? Kann Israel gerettet werden, wenn Felicia Langer, der gefährlichsten Feindin Israels seit Delilah, das BVK wieder abgenommen wird?


Ist Hannes Stein, z.Z. ruhendes Mitglied der Achse des Guten und als feinsinniger Freund-Feind-Denker ein Carl Schmitt Redivivus, auch ein Defätist? Er schreibt in seiner Buchbesprechung für die WELT am 9.August, 5 Wochen vor Broders hellsichtigen Spoekenkiekereien,  "Leon de Winter lässt Israel schrumpfen" :

"Was ist denn, lautet die schlimme Frage, wenn all die netten Israelis – wenn Amos Oz und David Grossman und die anderen linken Friedensträumer [die ja immerhin im Gegensatz zu Leon de Winter und Hannes Stein, der in Brooklyn auf dem Vulkan tanzt,  in Aretz Israel träumen] – sich ganz fundamental irren? Was ist, wenn es im bekanntesten aller Nahostkonflikte nur zwei Möglichkeiten gibt? Wenn die Israelis nur wählen können: die oder wir? ...
Ist das hölzerne Pferd von heute etwa die Rücksicht, die jüdische Milde gegenüber einem tödlichen Feind? Fragen wird man ja wohl noch dürfen....
Dem politischen Kommentator Leon de Winter trauen wir nur bedingt. Dem Geschichtenerzähler de Winter aber vertrauen wir absolut – und darauf kommt es ja am Ende an"

Bitte, lieber Leser, finden Sie heraus, was Hannes Stein vorschlägt, um das Unheil abzuwenden.

Anlässlich dieser Untergangstimmung unter den einzigwahren Freunden Israels möchte ich an ein Interview im SPIEGEL v. 14.7.2008 "Ruhe vor dem Sturm" erinnern, das Broder mit sich bzw. seinem alter ego Leon de Winter führte (ich mache den Kunstgriff und unterstelle, dass die Statements de Winters Broder zumindest  zu 100 % aus der Seele sprechen):

Broder a.k.a. de Winter über die "modernen" Israel-kritischen selfhating jews:
SPIEGEL: ...werden jüdische Kinder zu muslimischen Terroristen gemacht, um Angst und Schrecken in Israel zu verbreiten ... Dienen Ihnen diese jüdischen Selbsmordattentäter als Metapher für jene Juden in aller Welt, die Israel bekämpfen oder zumindest scharf kritisieren?
Broder a.k.a. de Winter: Ja, unbedingt. Einerseits bin ich vorbehaltlos für das Recht auf freie Rede. Jeder soll sagen dürfen, was er sagen möchte. Und wenn es der größte Unsinn ist. Man kann nicht behaupten, dass es lauter Kranke und Verrückte sind, die als Juden den Antisemiten zuarbeiten, da sind kluge Leute darunter. Aber es ist auch ein Element des Absurden und Pathologischen dabei: die Angst als Jude identifiziert zu werden, oder genauer: als schlechter Jude. Sie möchten gute Juden sein und dafür gemocht werden.

Dagegen heben sich vorteilhaft die "modernen" Zionisten unserer Zeit ab:
Broder a.k.a. de Winter: Wenn ich in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gelebt hätte, wäre ich wahrscheinlich auch nach Palästina gegangen. Aber heute? Ich halte es nicht für die Pflicht eines Juden, in Israel zu leben. Für mich ist Amerika das Gelobte Land, weil jeder dort leben kann, wie er will, ega, woher er kommt und egal zu welchem Gott er betet, solange er hart arbeitet und sich an die Gesetze hält.
SPIEGEL/Martin Doerry: Eine ziemlich idealistische Sicht auf die Vereinigten Staaten.
Broder a.k.a. de Winter: Lassen Sie mir doch wenigstens ein Illusion!

Ja, so sind sie, die Etappenhengste Zions mit beschränkter Haftung. Im Lichte dieser Überlegungen kann man fragen, ob die dystopische Verstimmtheit "moderner Zionisten" wie Leon de Winter, Hannes Stein, Henryk M. Broder weniger der Sorge um Israel  geschuldet ist als dem Bauchgrimmen und der Magenverstimmung derjenigen, die eigentlich die Vereinigten Staaten von Amerika (allerdings noch in der guten alten Zeit vor Barak Hussein Obama) für das Gelobte Land gehalten haben. Anu banu artza libnot we lehibanot ist ein Parole von Gestern für die "modernen" Zionisten. Hannes Stein hat  bereits mit einer Greencard das grosse Los gezogen, gliedert sich in Brooklyn in den grossen amerikanischen Traum ein.  Abgesichert ist die Auswanderung durch ein Tagebuch der Auswanderung, das in der WELT veröffentlicht wird. Die Brötchen werden noch in Old Germany gebacken. Um wen geht es also? Um Israel? Um de Winter, Broder und die anderen modernen Zionisten unserer Tage? 
 (Fettdruck im Text durch mich) 

Welches sind nun die wichtigsten Kennzeichen, die es ermöglichen, echte Offenbarung von der falschen Prophetie zu unterscheiden? Eine mittelalterliche theologische Autorität, Gerson, nennt fünf Merkmale, die in der Literatur auch heute noch uneingeschränkt Anerkennung finden: die Demut, die Zurückhaltung, die Geduld des Propheten, die Wahrheit der Offenbarung und schließlich die Caritas und die Gottesliebe." In der Neuoffenbarung ist noch ein zusätzliches Kennzeichen vermerkt: die Armut. (Quelle)
Ihre Ordnung und Hierarchien, ihre Energien und Spannungen geben dem Drängen des nahen Endes nach, die Sätze werden vom Siegel des Endes gezeichnet und fallen in ein parataktisches Nebeneinander: und dies . . . bald vorbei. . . und auch dies . . . und du. . . und auch du . . . das war also das . . . und wird das gewesen sein . . .: eine zweite Taufe der Dinge auf den immer einen Namen: Ende. "Das Ende ist nahe": dieser Satz ist ein Damm, durch den die Geschichte und alle Geschichten zu einem Stausee werden, worin alles zum Element einer homogenen Masse wird, die nur noch einen Ausgang hat: den Dammbruch und den Sturz in den Abgrund dahinter.
Der vornehme Ton der apokalyptisch infiltrierten Sprachweise ist, frei nach Kant, nun folgendes: der ganze Raum des Daseins und der Welt wird ohne Arbeit - eben vornehm - kraft intellektueller Anschauung, die nicht das Erkennbare mühsam analytisch durchschreitet, sondern das Ganze "geniemäßig" überfliegt, als grandioses Finale ausgefüllt und auf einen Ton, einen Klang gestimmt, der sich durch Intuition und Vision (oder Delir) über die nach Kant - langsam voranschreitende Bodenarbeit der Vernunft erhebt.  (Quelle)

Nachtrag 1.10.2009, Leon de Winter nennt sein Buch in einem Interview mit der Weltwoche "eine Warnung" . Interessant ist bei einer Warnung, was zu tun ist, um den worst case zu vermeiden. Explizite Empfehlungen gibt de Winter nicht; implizit könnte sie in folgender Betrachtung enthalten sein:

"Für keine dieser Gruppen stand eine Organisation bereit wie die Vereinten Nationen für die Palästinenser. Statt dass sie sich in ihren Nachbarländern integriert hätten, haben wir jetzt das künstliche Problem dieser Flüchtlinge. Heute besteht ein Grossteil des Einkommens der Palästinenser aus Geldern der Uno oder der EU. Damit kommen sie auf ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als dasjenige eines Ägypters oder Syrers. Auch aus ökonomischer Sicht ist es für diese sogenannten Flüchtlinge notwendig geworden, Flüchtlinge zu bleiben."

UNO und EU streichen die Gelder; das "künstliche Problem dieser Flüchtlinge" regelt sich dann auf natürliche Weise. Ist das eine politische Option, eine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung?

De Winters Rückkehrperspektive hat sich seit Obama reichlich verdüstert:

"Mein Hoffnungsland bleibt noch immer Amerika. Es ist das Land meiner Träume. Auch wenn ich weiss, dass die Realität ziemlich dunkel ist. Ich mache mir grosse Sorgen. Aber ich glaube noch immer an die Vitalität Amerikas, an das Vermögen der Menschen, ihr Leben neu einzurichten."

Keine Kommentare: