Donnerstag, 14. Oktober 2010

Clemens Heni, Alex Feuerherdt, Aus welchem Schoß sind Sie denn gekrochen?

Clemens Heni habe ich immer noch nicht ganz verdaut, er liegt mir schwer im Magen; ich habe darüber in meiner vorletzten Post "Neues vom Meisterdenker Clemens Heni (2). Wer den Holocaust fortsetzt" berichtet. Ich habe mich mehr als ein halbes Leben lang immer wieder mal mit der Frage, was wir aus dem Holocaust lernen können, beschäftigt, dabei mehr oder weniger gelungene Diskurse gefunden, aber auch leider feststellen müssen, dass sich an der Diskussion dieser heiklen Frage nicht wenige dumme Menschen zu beteiligen gewagt haben.  Und jetzt kommt wie ein deus ex machina ein post doc aus "Harvard" und erklärt uns zusammen mit der formidablen Gelehrten Phyllis Chesler mit knappen Worten, was "the right lesson" und was "exactly the wrong lesson" ist.

Auch die Diagnostik des exterminatorischen Antisemitismus, zu der die Einzigwahren Freunde Israels wesentliches und zumeist bestürzendes beigetragen haben, nämlich dass die Deutschen in ihrer überwiegenden Mehrheit "Otto Normalvergaser" sind, dass sich eine "Volksgemeinschaft gegen Israel" formiert habe,  dass "1989 eine in einen demokratischen Jargon verpackte Fassung des Nationalsozialismus restauriert" wurde, findet in der Analyse Dr. Henis einen vorläufigen, kaum noch zu überbietenden Höhepunkt: diejenigen, die "exactly the wrong lesson" lernen, an vorderster Stelle Prof. Wolfgang Benz und das Zentrum für Antisemitismusforschung, "they continue that Holocaust" (Clemens Heni) oder, wie Phyllis Chesler formuliert "According to Dr. Heni, this is another form of either Holocaust denial or a way to continue the Holocaust".  Dr. Heni ist in das Herz der Finsternis vorgestoßen.

Wenn der Virus des Antisemitismus in Deutschland nicht mehr unter Kontrolle ist, wie Herbert Eiteneier prophezeite, und pandemisch geworden ist, wie Alex Feuerherdt schon seit Menschengedenken glänzend unkt, muss die dringende Frage beantwortet werden, welche Faktoren, welche Mutationen, genetischer oder anderer Art, immunisieren die kleine, übersichtliche Schar der Einzigwahren Freunde Israels, ihre Wortführer sind neben dem Maitre die "Volksdeutschen" Alex Feuerherdt, Walter Schmidt, Rolf Behrens a.k.a. "Claudio Casula", Herbert Eiteneier, Dr. Clemens Heni, der Magister für Evangelische Gotteskunde Bernd Dahlenburg,  gegen diesen Virus? Was lässt sie nicht wanken und irre werden in ihrem Kampf?

Diese Frage stichhaltig zu beantworten, wäre wohl der Heilige Gral  einer Wissenschaft, die in sich Kultur- und Sozialwissenschaft, Psychologie und Theologie fruchtbar verbindet. Der Berg mag hoch und unüberwindlich sein, wir dürfen uns jedoch nicht scheuen, erste, tapsende Schritte zu gehen. Ein erster Ansatz könnte sein, zu schauen, ob Alex Feuerherdt a.k.a. Lizas Welt, den wir als profunden Kenner der Tiefen und Untiefen, des Wesens und Unwesens der deutschen Seele kennengelernt haben, uns den einen oder anderen Hinweis geben kann.  Ich habe mehrmals Alex Feuerherdt als Eike Geisel redivivus vorgestellt.  Gewiss mag es zur Immunisierung beitragen, wenn man Tag für Tag die Kernsätze Eike Geisels wie Mantren repetiert, aber das erklärt nicht, warum Alex Feuerherdt Eike Geisel für den Propheten der Propheten hält, ich ihn jedoch keineswegs überzeugend finde; wie Henryk M. Broder ist Eike Geisel in seiner geistigen Entwicklung nicht weitergekommen, weil er eine scharfgeschliffene Pointe für die Krönung  des Erkenntnisprozesses hielt (ich weiß, das ist eine große Verführung). Gibt es etwas, was für die Denunziationen und Scharfrichtereien Eike Geisels oder Henryk M. Broders anfällig macht? Und was macht diese Scharfrichtereien so attraktiv?

In seiner Post "Deutsche Seelenwanderungen" analysiert Alex Feuerherdt, gestützt auf Ausführungen Eike Geisels, die Beweggründe von Deutschen, die zum Judentum konvertieren. Dabei spiele "eine besonders krude Art von „Vergangenheitsbewältigung“ eine große Rolle. In jedem Fall führe fast jeder deutsche Konvertit „wie unter Zwang seine höheren Beweggründe ins Feld“."

Nun, das ist keine umstürzend neue Erkenntnis; m.E. ist jede Konversion die Schaffung eines neuen Adam oder einer neuen Eva, ein Reinigungsprozess, in dem ein sacrificium intellectus durch ein anderes sacrificium intellectus ersetzt wird. Eine Konversion ist umso erfolgreicher, je mehr die ursprünglichen Konflikte und vor allem Ambivalenzen getilgt sind. Sigmund Freud hat von einem "purifizierten Lust-Ich" geschrieben („ ... das purifizierte Lust-Ich bildet sich durch Introjektion von allem, was eine Lustquelle darstellt, und durch Projektion von allem nach außen, was Gelegenheit zur Unlust gibt.“, Triebe und Triebschicksale, 1915).  Die "Volksdeutschen" unter den Einzigwahren Freunden Israels, Alex Feuerherdt, Clemens Heni und die anderen sind wie Edith Lutz aus einem Schoß gekrochen, der noch fruchtbar war. Wir alle haben mit einer Vergangenheit zu tun, die nicht vergehen will. Neben den mehr oder weniger defizitären Versuchen, die eigene deutsche Vergangenheit zu "bewältigen", in dem man Jude wird, scheint es eine sehr erfolgreiche Konversion und "Bewältigung" zu geben, nämlich die Zugehörigkeit zur Kongregation der Einzigwahren Freunden Israels. Insofern ist es total falsch, hier von "selbsthassenden Deutschen" zu sprechen (ich gestehe, dass ich diesen Fehler gemacht habe). Das sind reine Seelen, mit sich im reinen, dafür ganz und gar nicht mit "den" Deutschen.

Es sei mir erlaubt, eine ungestellte Frage Alan Poseners an Dr. Heni ("Aber Antisemiten riecht er [Heni] zehn Meilen gegen den Wind. Was der Arier mit dem übergroßen Antisemitenriecher da überkompensiert, will man gar nicht erst wissen.") zu verallgemeinern "Aber Antisemiten riechen sie, die Einzigwahren Freunde Israels, zehn Meilen gegen den Wind. Was die Arier mit den übergroßen Antisemitismusriechern da überkompensieren, will man gar nicht erst wissen." - Doch, doch, ich stelle die Frage, ich würde das gerne wissen, Dr. Heni, Alex Feuerherdt,  Rolf Behrens ("another day in the paradise"), Herbert Eiteneier, Bernd Dahlenburg, Walter Schmidt!

Da meine Überlegungen noch ganz in den Anfängen stehen, bitte ich Sie, mir behilflich zu sein. Legen Sie mir bitte viele Stolpersteine in den Weg, so dass ich diese "Theorie" schleifen und verfeinern kann. Jegliche Erwiderung von Ihrer Seite werde ich hier auf diesem Blog einstellen. Insbesondere den fabelhaften Alex Feuerherdt würde ich hier gerne willkommen heißen.

(Leseempfehlung: Alan Posener, Stotternde Stalinisten)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

danke für den artikel über den meisterdenker und student-"scholar", so kommt doch alan posener erst 2008 darauf, worum es unseren akademischen frischlingen geht: möglichst reibungslos sich in den karrierebetrieb einzureihen. eigenartig - schrieb doch schon anfang der neunziger jahre die historikerin sonia margolina in ihrem buch "ende der lügen": ... Mit der Zeit tauchten dann "Berufsjuden" und Berufsphilosemiten auf, die sich als moralische Wächter verstanden. Wenn aber die Moral mit Tabus belegt ist, so muss man sich fragen, welches Interesse sich dahinter verbirgt. Die Antwort ist ganz einfach: die Bewahrung des eigenen Handlungsspielraums in Politik, Öffentlichkeit und Kultur.
Der Philosemitismus alimentiert heute eine intellektuelle und kulturelle Produktion, die unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen wenig Chancen hätte. Wie und an wen könnten denn die schlecht geschriebenen Bücher, die unzähligen kitschigen Kopien von Anne Franks Tagebuch, die endlosen und langweiligen Serien über die die Leiden der Juden verkauft werden ? ..."

schade dass der ex-stalinist alan posener erst die schleife auf der achse drehen musste, um wieder einmal diese erfahrung persönlich zu durchleben.

a propos: mich persönlich erfreut es immer wieder die vorträge von clemens brüder im glauben zu besuchen, des wiener "cafe critique" (vortrag: "die wahnhafte konkretisierung der abstrakten destruktion"), schade dass es sie in ihrer linksammlung nicht gibt ! da darf noch richtig geschwurbelt werden ...

Oscar Mercator hat gesagt…

Danke. Ich nehme Ihre Anregung gerne auf, Café Critique in meine Blogroll aufzunehmen.