Dienstag, 22. Februar 2011

Gott sei Dank, "Friedensprozess" im Gelobten Land hat überhaupt keine Eile

bzw. ist eine Illusion. Steven Plaut: The Grand "End of Conflict" Delusion

Dieser wegweisende Artikel wurde von Herbert Eiteneier, nom de guerre: Plattmacher, auf heplev - abseits vom mainstream unter dem Schlagwort "Friedenshetzer" so so la la ins "Deutsche" übersetzt:

Die große "Proklamation des Endes des Konflikts"-Illusion

Auszug:
"Der Schlüssel zur Beendigung der Feindseligkeiten, lautet die Erzählung, du die Formel zur Herbeiführung einer Akzeptierung Israels durch die arabische und muslimische Welt sieht so aus: Israel muss eine Vereinbarung mit den Palästinensern treffen, die zum Ergebnis hat, dass die Palästinenserführung erklärt, dass der Konflikt beendet ist. ...

Wie weit israelische Regierungen zu gehen bereit waren, um das verführerische Versprechen einer Proklamation zu einzutauschen, ist nicht weniger als irrsinnig gewesen. Eine Regierung nach der anderen, einschließlich der derzeitigen, von Benjamin Netanyahu geführten, haben der Gürndung eines Palästinenserstaates in den Gebieten westlich des Jordan zugestimmt. Vielleicht noch erstaunlicher [sic!] ist, dass die der Anerkennung der Existenz eines palästinensischen Volkes zugestimmt haben – eines, das Anspruch auf Selbstbestimmung, ein Heimatland, politische Unabhängigkeit und sogar bewaffneten Sicherheitskräften hat.
Ich betone diesen Punkt, weil ich bezweifle, dass es irgendwelche ernst zu nehmenden [sic!] Leute in Israel gibt – selbst bei der Linken – die glauben, dass die Palästinenser nach irgendwelchen historischen Standards ein Volk sind. Natürlich haben die Palästinenser selbst – bei aller Rhetorik – sich nie selbst als Volk betrachtet. Palästinenser sind Araber, Teil der arabischen Nation, die bereits 22 souveräne politische Einheiten kontrolliert, die über ein Territorium verteilt sind, das fast zweimal so groß ist wie die USA. Die Araber Palästinas sind nicht mehr ein eigenes und ausgeprägtes Volk als die Araber von Detroit oder Marseilles. ...
Das erklärt tatsächlich die palästinensische Strategie. Weil Israel willens ist praktisch jedes Zugeständnis zu machen, das nicht gleich die sofortige Selbstvernichtung darstellt, sind die einzigen Forderungen, die die Palästinenser für die Große Proklamation in Betracht zu ziehen bereit sind, solche, die Israels Existenz beenden würde – natürlich nicht auf der Stelle, aber doch im Verlauf der Zeit."

Verstanden? Ich empfehle, die ganze "Analyse" zu lesen, am besten auch im Original. Die politischen  Konsequenzen sind? Ein kalte Dusche für "Friedenshetzer".

Emanuele Ottolenghi, senior fellow at the Foundation for Defense of Democracies, auf der Achse des Guten: The Great Myth of Paletinian Statehood

"Lost in all this is the simple fact that the ordinary Arabs who rose against their regimes didn’t do so because they wanted to free Palestine, but because they wanted to free themselves. ...
So suddenly, Arab freedom has taken precedence over Israel and Palestine—or so says the much-maligned Arab Street, as it topples one tyrant and challenges the next. The conventional wisdom that the Palestinian-Israeli conflict is the mother of all problems in the region has now been exposed as nothing but a myth. Will Western leaders finally learn?"

Ah, es ist immer wieder erhebend, von den Lippen eines defender of Democracies zu lesen. Werden die Führer des Freien Westens endlich lernen, dass es sehr schön ist, wenn sich die Völker befreien, dass es jedoch nicht darum geht "to free Palestine"?

André Glucksmann auf der Achse des Guten: Jerusalem ist nicht der Nabel der Welt

"Die Tunesier und die Ägypter sind zu Beginn des Jahres 2011 realistischer und klüger als die diplomierten Geopolitiker: Für die Revolutionäre des Tahrir-Platzes ist Jerusalem nicht das Zentrum der Welt. Als die provisorische Regierung nach Mubaraks Sturz klarstellte, dass sie die internationalen Verträge und damit den Frieden mit Israel respektieren würde, rief niemand zu den Waffen, niemand nahm Anstoß und die Muslimbrüder murrten nicht. ... Für alle ist die Rangordnung umgestürzt, die palästinensische Frage ist auf später verschoben und weit davon entfernt, Anfang, Ende und Lauf der Welt zu bestimmen. "

Schwein gehabt. Jetzt ist Zeit für den Erlösungsweg des Rabbi Kook "Zuerst die Erlösung des Landes, dann die Erlösung des Volkes und zuletzt die Erlösung der Welt. " (Quelle)

Wenn die Lösung der "palästinensischen Frage" auf den St. Nimmerleinstag verschoben wird, das "palästinesiche Volk" nach keinen Maßstäben ein Volk ist, das einen berechtigten "Anspruch auf Selbstbestimmung, ein Heimatland, politische Unabhängigkeit und sogar bewaffneten Sicherheitskräften hat", überhaupt ein palästinensischer Staat nicht mehr als ein Mythos ist, bleibt ein kleines Problem, das keine quantité négléable ist. Gunnar Heinsohn, über jeden Verdacht erhaben, ein "Israelkritiker" zu sein, weist in der Untersuchung "Söhne und Weltmacht" (Taschenbuch Piper München 2008), die ich wie Peter Sloterdijk als Pflichtlektüre empfehle, auch wenn man Heinsohns Werturteile und Suggestionen nicht teilt, darauf hin:

"Die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen, Ost-Jerusalem und der Westbank (also ohne die Araber im eigentlichen Israel) ist seit der Besetzung durch Israel im Jahre 1967 bis 2002 von 450.000 auf 3.3 Millionen angestiegen... Da Israel überhaupt erst die palästinensische Bevölkerungsexplosion ermöglicht [sic!], wird man die These von einer vorrangig islamischen Haltung statt demographischer Not hinter dem tödlichen Einsatz palästinensischer Kinder [sic!]mit einem Fragezeichen versehen müssen." (a.a.O, S. 33)

Nach Heinsohn stehen 2002 in Israel und den "Palästinensergebieten"  3.9 Mio Juden über 15 Jahren 2.3 Mio Palästinenser über 15 Jahren gegenüber, jedoch 1.2 Mio Juden unter 15 Jahren gegenüber 2.05 Mio Palästinenser unter 15 Jahren. Der altneue Weltfeind und Schlüsselgröße für Instabilität und kriegerische Auseinandersetzungen, so Heinsohn, sind die überzähligen Söhne aus dem youth bulge (d.i. eine überproportionale Ausstülpung der Alterspyramide bei den 15-24-Jährigen).

"Die Palästinenser im Gazastreifen hingegen kämpfen [sic!] im youth bulge-Bereich mit etwa 50% unter 15 Jahren um den aktuellen Welthöchststand außerhalb Schwarzafrikas." (a.a.O. S. 32) "Demographisch ist man (Israel) mit 600.000 Jungen unter 15 längst zu David [sic!] geworden. Der palästinensische Goliath [sic!]  kommt - unter Einbeziehung von weiteren 750.000 Kindern in der Flüchtlingsdiaspora - auf eine 3:1 Überlegenheit und kann ganz anders kalkulieren. Kein Waffenstillstand kann diesen Vorteil aufheben." (a.a.O. S. 34).  Dies sei, so Heinsohn, eine Kriegserklärung und er titelt "Die Gebärmütter der Frauen entscheiden den Krieg".

Geht man von Heinsohns Zahlen und Szenario aus, wird die Lage durch Vertagung der "palästinensischen Frage" besser? Welche Optionen hat der israelische "David" gegen den palästinensischen "Goliath", den "tödlichen Einsatz palästinensischer Kinder"? Herrschaft, so Jeshayahu Leibowitz, durch die "jüdische Faust"? Fortsetzung des "Status quo" mit Besatzung- und Annexionspolitik und scheinautonomen Reservaten? Apartheid? Transfer? Gilt für Israel das Strategem, das Heinsohn für die US-Politik wie folgt formuliert hat?

"Von solchen Feinden will man zu einem gegebenen Zeitpunkt nie mehr als einen bekämpfen müssen. Aber selbst dann traut man sich einen Sieg nur zu, wenn der herausgeschickte einzige Sohn gegen die zweiten und dritten Söhne des Gegners mit überwältigender Feuerkraft auftreten kann. Nach dem erhofften Sieg muß - möglichst mehrere Jahre lang - Atem für den nächsten Waffengang geschöpft werden, auf den eine weitere Verschnaufpause folgt ... Diese win - hold - win (den momentan greifbarsten Herausforderer präemptiv besigen, den nächsten Gegner in Schach halten, dann diesen beisiegen etc.) kennzeichnet die amerikanische Strategie und bedeutet ein partielles Abgehen von der alten two-war-strategy, weil man sich zwei gleichzeitige Siege nicht mehr zutraut." (a.a.O. S. 36)

Passt dieses Strategem in die geopolitische Tektonik und Architektur des Nahen Ostens? Ob es zu einem summer of Democracies im Nahen Osten nach dem springtime of freedom kommt, wage ich nicht vorherzusagen. Dass jedoch die "Straßen" in Ägypten, Tunesien und anderwo, die sich gegen die Tyrannen erhoben haben, kämpfen, um sich von ihnen zu befreien, akzeptieren, dass dies für die Palästinenser, deren Existenzrecht in Frage gestellt wird, nicht gelten soll, wage ich zu bezweifeln.  Dort wird man registrieren, ob der "Westen" mit zweierlei Maß mißt. Israel fehlt ein Sadat oder ein Kohl, der den Mantel der Geschichte ergreift.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

schlimm ist nicht, das was sie schreiben, sondern dass sie selbst auch noch daran glauben !!!

so langsam nimmt aber die hasbara-abteilung wieder fahrt auf ... sie befand sich ja lange genug in trüben gewässern. es ist doch gut, wenn man einen französischen vordenker ins feld schicken kann ...