Sonntag, 6. Februar 2011

1989 Sicherheitskonferenz des Warschauer Paktes in Prag: Der Ostblock steht hinter Erich Honecker - noch

Wie sich Geschichte doch wiederholen kann. Ich beziehe mich auf den SPON- Beitrag "Münchener Sicherheitskonferenz. Der Westen stützt Mubarak - noch". Ein Déjà-vu

"Das nennt man Realpolitik: Die Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes wollen den Machthaber der Deutschen Demokratischen Republik, Erich Honecker,  noch halten, wenn er im Gegenzug den Übergang zur Demokratie begleitet. Mittelfristig setzt der Ostblock auf den Minister der Staatssicherheit Erich Fritz Emil Mielke - und hofft, dass er beim Volk auch ankommt. 


 Es ist ein starkes Signal, das  Wjatscheslaw Iwanowitsch Kotschemassow da sendet. Ein Signal, das die Masse der Demonstranten in der Deutschen Demokratischen Republik wohl enttäuschen wird. Der Botschafter des sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail Sergejewitsch Gorbatschow ist gerade zurückgekehrt aus Ostberlin und berichtet nun, über einen Bildschirm zugeschaltet, der Prager Sicherheitskonferenz über seine Gespräche.


Kotschemassows zentraler Satz: "Generalsekretär Erich Honecker hat seinem Land 40 Jahre gedient und steht jetzt vor der Aufgabe, die Deutsche Demokratische Republik in die Zukunft zu führen." Hatte Michail Sergjewitsch Gorbatschow nicht erst am Freitag gesagt, wer zu spät kommt, bestraft das Leben und Honecker müsse jetzt "darauf hören, was das deutsche Volk sagt"? Und das sagt hunderttausendfach etwas ganz anderes.


Jetzt also doch: Auf in die Zukunft mit Erich Honecker ? Wirklich?


Nicht ganz. Dahinter steckt etwas anderes. Man will Honecker den Abgang in Würde ermöglichen. Man will den Übergang zur Demokratie. Aber alles geordnet, alles nacheinander. Ohne Chaos. Entsprechend berichtet Kotschemassow, Staats- und Parteichef Michail Sergejewitsch Gorbatschow  wünsche sich, "dass wir respektvoll kommunizieren mit einem Menschen, der ein alter Freund der Sowjetunion ist". Er meint Honecker. Kotschemassow vergisst auch nicht zu erwähnen, dass Honecker ja bereits erklärt habe, bei Wahlen nicht zu kandidieren. "Die Rolle von Generalsekretär Honecker bleibt absolut entscheidend in den nächsten Tagen. Es ist seine Chance, selbst über sein Vermächtnis zu bestimmen", sagt der Gesandte.


Unterdessen betonte der Staatsratsvorsitzende der Volksrepublik Polen, Wojciech Witold Jaruzelski,  dass es nicht um rasche Wahlen gehe, sondern erst einmal darum, neue Strukturen einzuziehen. Wjatscheslaw Iwanowitsch Kotschemassow sagt, es brauche einen "nationalen Dialog" in der deutschen demokratischen Republik, die Notstandsgesetze müssten weg, in der Folge müsse es freie Wahlen geben, insgesamt "ein Paket von Maßnahmen und Aktionen". Man habe auch schon überlegt, wie man es Honecker ermöglichen könne, diese Schritte umzusetzen.


Höchstwahrscheinlich planen die Sowjets aber nicht für die gesamte Übergangsphase mit Honecker. Denn längst hat sich in Moskau der Minister der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik Erich Fritz Emil Mielke als Top-Favorit auf die Honecker-Nachfolge herauskristallisiert. Mielke habe bereits angeboten, in den nationalen Dialog zu treten, verkündet Kotschemassow per Schalte in Prag. Erich Fritz Emil Mielke habe den unschätzbaren Vorteil, dass er die Oppositionellen in- und auswendig kenne, damit genau wisse, mit wem er was verhandle.


Einerseits sollen die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik ihr Schicksal selbst entscheiden. Andererseits will man kein Machtvakuum riskieren.


Es ist kühle Realpolitik, die der Ostblock da praktiziert.


Dabei hatte der sowjetische Staats- und Parteichef gerade mal eineinhalb Jahre zuvor ausgerechnet in Ostberlin jene vielbeachtete Rede gehalten, mit der er der westlichen Welt beide Hände reichte. Vom gegenseitigen Respekt war da die Rede, und dass der Kreislauf von Verdächtigungen und Misstrauen zwischen der sowjetischen und der westlichen Welt beendet werden müsse.


Aber auch aus den Reihen der Staatenlenker der sowjetischen Bruderländer erhebt sich in Prag keine Forderung nach einem sofortigen Rücktritt Honeckers. Man hat sich abgestimmt, hat sich geeinigt auf die Formulierung vom "Übergang" zur Demokratie. Im Übrigen müssten die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik das selbst entscheiden."

Und jetzt lesen Sie auf SPON von der Münchener Sicherheitskonferenz. Offenbar gehört der "Westen" zu meinem erweiterten Identitätsmuster. Das merke ich daran, dass ich mich für ihn in Grund und Boden zu schämen beginne.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

googlen sie doch mal die dokumente "operation ajax" im us-state department ... dort steht das drehbuch für die münchner sicherheitskonferenz !!!

Oscar Mercator hat gesagt…

Das ist das, was ich die zauberlehrlinge zu nennen pflege.