Montag, 7. März 2011

Henryk M. Broder und das Alte Testament

Wer so stürzt wie Freiherr zu Guttenberg, und zwar, so Henryk M. Broder, "aus einem Anlass, der nichtiger kaum sein konnte" (mehr hier), hat wohl die Massage durch eine verständnisvolle Ferndiagnose verdient: "Drama des begabten Kindes": Guttenbergs Scheitern ist eine Familienangelegenheit. Was fällt, muß man noch stoßen.

Der Universitätskenner Henryk M. Broder führt aus

"Ähnliche Erfahrungen kann man später an der Uni machen. Da gibt es die Fleißigen und die Begabten. Die einen lesen und sammeln und kommen mit der Menge des Stoffes nicht zurecht, können das Material nicht organisieren, die anderen haben Examensangst und versagen unter Stressbedingungen. So kommt es zu einem symbiotischen Akt. Die Fleißigen lassen schreiben, und die Begabten bringen ihre Talente zum Einsatz. Da es nicht um sie selber geht, haben sie auch keine Angst zu versagen. "

Lesen Sie den Absatz ganz ruhig zwei Mal. Gut, es gibt also die Fleissigen und die Begabten und ihre Symbiose. Darüber hinaus gibt es eine Spezies - wie wollen wir diese nennen? -, die jenseits von Fleiss und Begabung  folgendes zum Besten geben kann

"In einem Interview, das er im selben Jahr gab, legte er [Guttenberg] noch eins drauf; er nehme Platons „Politeia“ als Lektüre mit in den Urlaub, und zwar in der griechischen Originalfassung. Das war zwar vorbildlich, aber doch etwas zu obergärig, um wahr zu sein. Nicht einmal der Papst würde das Alte Testament im aramäischen [sic!] Original in die Ferien nehmen. "

Niemand wird behaupten können, dass dieser muntere, originelle Vergleich von irgendeinem Fleissigen oder Begabten abgekupfert wurde (die auffällige Formulierung "das alte Testament im aramäischen Original" erzielt beim Googeln eine Fußnote "(4) Die in Aramäisch geschriebenen Teile des Alten Testaments sind Daniel 2,4 - 7,28; Esra 4,8 - 6,18; 7,12-26; Jeremia 10,11. Dieser besondere aramäische Dialekt wird manchmal auch als "Chaldäisch" bezeichnet.", Quelle); das ist ganz allein auf seinem eigenen Mist gewachsen (Einführung zu Altes Testament, Tanach, Aramäisch). Henryk M. Broder weiss irgendetwas irgendwie ungefähr ungenau, Quellenstudium und Genauigkeit ist was für loser. Die Wahrheit liegt auf dem Bolzplatz. Bestätigen kann ich, dass er Alice Miller korrekt zitiert hat.

Freiherrn  zu Guttenberg wäre zu wünschen, dass er in Zukunft mehr auf seine eigenen Intuitionen, auf sein Bauchgefühl vertraut. Mist kann man verzapfen, er darf nur nicht geklaut sein. Das ist am nächsten Tag vergessen, sobald die nächste Sau durchs Dorf getrieben wurde.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

er ist also doch eine gelungene symbiose aus lao-tse, meister ekkehard, leonardo da vinci, albert einstein, alred sohn-rethel und jesus christus !!!!

das muss doch an den genen liegen ? die meinung ist also doch stärker und ersetzt hier jede investigation ...

klasse !!! (was sagt eigentlich der magister für evangelische gotteskunde, zu einer solchen vertiefung in die quellenlage ?) hier müsste doch einiges am AT (frei nach hmb) umgeschrieben werden !

p.s. eine rechereche über sein klo ist nach wie vor aktuell !

Anonym hat gesagt…

Gut erkannt und schön geschrieben!
Allerdings finde ich die These, die Broder hier anreißt auch sehr interessant. Erinnert mich ein wenig an unseren letzten Kaiser und seinen Erzieher Hinz Peter.
Allerdings frage ich mich, ob Broder schon mal eine Uni von innen gesehen hat, oder ob er nur in der Mensa gegessen und das schwarze Brett gelesen hat, wovon ich ausgehe.
Unfassbar, dass viele Broder zu den führenden Journalisten zählen.

mfg

Da.

Lorenz J. hat gesagt…

Das ist doch Korinthenkackerei. Broder schreibt doch keine Doktorarbeit. Aramäisch hin, Hebräisch her, das "obergärige", gewollte, ambitionierte bringt er doch auf den Punkt. Seien Sie nicht so oberlehrerhaft, Oscar Mercator! Sie wirken wie einer, der mit Knigge und Knickerbocker durch Neukölln flaniert! Na Alter, gehts noch?

Oscar Mercator hat gesagt…

Hat Henryk, Schloss hin, Schloss her, hier nicht versucht, mit "Bildung" zu prunken, Eindruck zu schinden? Ist doch auch etwas "obergärig"?

Othmar Kaufmann tanzt! hat gesagt…

Auch sie dürfen mal einen Spaß vertragen, nicht wahr, Herr Kaufmann? Gerade jetzt bei Fasching!

Otto Barthelmi

Othmar Kaufmann tanzt:
http://www.youtube.com/watch?v=vR_VhfxAnXU

Broder muss gleich mitmachen:
http://www.youtube.com/watch?v=MaYOeRARwfU

Oscar Mercator hat gesagt…

@ Otto Barthelmi

Danke. Die nächste Post widme ich Ihnen: Louis de Funés: Muskatnuss, Herr Müller!